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Anhörung: Aufrüstung oder Abrüstung? Europa am Scheideweg

Abrüstung jetzt und hier!

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Von Thomas Kachel

Auf die aktuellen politischen und militärischen Spannungen in Europa kann die Bundesrepublik nur eine vernünftige Antwort geben: Verhandlungen und Abrüstung. Dies war die Quintessenz der Anhörung unter dem Titel "Aufrüstung oder Abrüstung? Europa am Scheideweg", die am Freitagabend im Bundestag stattfand. Eine Reihe hochkarätiger Wissenschaftlerinnen und Vertreter der Friedensbewegung debattierten in zwei Panels zu den Fragen von Rüstung und Abrüstung.  

In seiner Begrüßung mahnte Gregor Gysi: "Das militärische Denken muss überwunden werden!" Er dankte Wolfgang Gehrcke für dessen langjährige Verdienste in der Außen- und Friedenspolitik der LINKEN. Gehrcke schlug in seiner Eröffnungsrede als Vorsitzender des Arbeitskreises Internationale Politik der Fraktion bereits einige wichtige Pflöcke ein. Die Ankündigungen verschiedener SPD-Politiker, die sich gegen das NATO-Diktat wendeten, künftig zwei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts für Rüstung auszugeben, begrüßte er. Angesichts der Gefährlichkeit der Situation in Europa und der weiteren anstehenden Rüstungspläne der NATO müsse es im Wahlkampf einen Wettbewerb um die besten Abrüstungsvorschläge geben – vorausgesetzt, die Parteien würden diese dann auch umsetzen. "Deutschland muss sich jetzt stark machen für Deeskalation", forderte Gehrcke, der die Verantwortung der Bundesrepublik für Frieden in Europa in den sechs Millionen ermordeten Juden des Holocausts genauso begründet sieht wie in den 27 Millionen Bürgern der damaligen Sowjetunion, die dem Vernichtungsfeldzug Nazideutschlands zum Opfer gefallen sind. Die Präsenz von deutschen Truppen in Litauen nannte er deshalb einen Skandal. 

Im Panel zu konventioneller Rüstung und Abrüstung diskutierten Sergej Osnobishchev vom IMEMO-Institut Moskau, Wolfgang Richter von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Claudia Haydt (IMI Tübingen) und Wiltrud Rösch-Metzler, die Bundesvorsitzende von Pax Christi. Die Diskussion verlief naturgemäß kontrovers, wobei vor allem die Haltung der NATO kritisiert wurde, wirkliche Abrüstungsverhandlungen durch das ständige Stellen von Vorbedingungen an Russland unmöglich zu machen. Moderator Alexander Neu, für die Fraktion DIE LINKE Obmann im Verteidigungsausschuss, resümierte, Europa habe die 'Friedensdividende' aus dem Ende des Kalten Krieges nicht genutzt, weil die NATO dies nicht gewollt habe.  

Den Panel zu nuklearer Rüstung und Abrüstung moderierte Inge Höger, langjährige abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion. Es diskutierten hier Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg, der Friedens- und Europaforscher Thomas Roithner von der Universität Wien, Xanthe Hall von der Vereinigung der Ärzte gegen den Atomkrieg sowie die stellvertretende Beauftragte für Abrüstungspolitik, Susanne Baumann. Die Vertreterin der Bundesregierung hatte einen schweren Stand zu erklären, warum die Bundesregierung der UN-Initiative zum Verbot von Atomwaffen abgelehnt hat, und auch die Teilnahme an den Verbotsverhandlungen boykottiert.

Wie Wolfgang Gehrcke ankündigte, wird die Linksfraktion noch im Juni einen umfassenden Antrag zur Abrüstung in den Bundestag einbringen, um die Bundesregierung in dieser Thematik zu stellen.



Audio der Veranstaltung