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2,1 Milliarden Überstunden, die Hälfte davon unbezahlt: Arbeitsverdichtung nimmt dramatisch zu!

Nachricht von Jessica Tatti,

2,13 Milliarden Überstunden machten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2017. Damit sind die Überstunden auf einen neuen Höchststand seit 2007 gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Menge der Überstunden um 12,8 Prozent zugenommen; im Vergleich zum Durchschnitt der fünf Vorjahre (Durchschnitt = 1,84 Milliarden Stunden) sogar um 15,8 Prozent. Überdurchschnittlich hohe Anteile von Überstunden an allen geleisteten Arbeitsstunden haben befristet Beschäftigte mit 2,3 Prozent und die regulär Vollzeitbeschäftigten mit 2,1 Prozent (Durchschnitt = 2,0 Prozent). Gegenüber 2016 sind die Anteile der Überstunden an allen Arbeitsstunden durch alle Beschäftigungsformen hinweg um 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte gestiegen, das entspricht Steigerungen von 25 bis über 40 Prozent.

Die Hälfte der Überstunden (1.058 Milliarden Arbeitsstunden) wurde 2017 nicht vergütet. Das Arbeitsvolumen von bezahlten und unbezahlten Überstunden würde rechnerisch ausreichen, um 1,29 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätze zu schaffen.

Ein Drittel der Beschäftigten mit mehr als zwei Überstunden in der Woche geben als Grund an, die Arbeit in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht zu schaffen. Insgesamt entstehen 80 Prozent der Überstunden aus betrieblichen Zwängen – vier Prozentpunkte mehr als 2015.

Im Jahr 2017 haben Unternehmen rechnerisch 36,2 Milliarden Euro an Lohnkosten durch Nichtbezahlung von Überstunden gespart - auf Basis der durchschnittlichen Arbeitskosten je geleistete Stunde 2017 (34,20 €/h) laut Statistischem Bundesamt (siehe auch unter „Ergebnisse im Einzelnen“). 

Jessica Tatti, Sprecherin für Arbeit 4.0 der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Die Zahlen sind skandalös und legen offen, dass sich viele Arbeitgeber auf dem Rücken ihrer Beschäftigten bereichern. Stress, Arbeitshetze und Überlastung bestimmen den Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für Unternehmen zahlt sich das aus: Allein im Jahr 2017 haben sie über 36 Milliarden Euro gespart, weil die Beschäftigten Überstunden zum Nulltarif geleistet haben. Ich fordere die Bundesregierung auf endlich zu handeln! Die Antistressverordnung ist überfällig. Die Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten müssen gestärkt werden, sowohl bei der Dauer und Lage der Arbeitszeit als auch bei der Personalbemessung. Um den Missbrauch von Überstunden zu stoppen, braucht es eine Verkürzung der gesetzlichen Wochenhöchstarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden. Wenn die Arbeitsmenge in der vertraglichen Arbeitszeit nicht zu schaffen ist, muss mehr Personal eingestellt werden.“


Die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Überstunden in Deutschland“

Auswertung der Ergebnisse im Detail