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13. August 1961: Der Zweck heiligt die Mittel nie

Kolumne von Petra Pau,

Von Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestages, Mitglied des Vorstandes der Fraktion DIE LINKE und seit 2002 Abgeordnete mit Direktmandat im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf

"Kein Ideal und kein höherer Zweck kann das mit der Mauer verbundene Unrecht, die systematische Einschränkung der Freizügigkeit und die Gefahr für Freiheit sowie an Leib und Leben (…) politisch rechtfertigen. Auch wegen historischer Umstände vorgenommene Menschenrechtsverletzungen bleiben Menschenrechtsverletzungen."

Das ist ein Zitat, zehn Jahre alt. Es stammt aus einem Beschluss des damaligen Vorstandes der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS). Anlass war der 40. Jahrestag des 13. August 1961. In den Analen ist vermerkt, dass die Mitglieder des Vorstandes drei Stunden lang sehr intensiv und konstruktiv um diese Erklärung gerungen haben.

Ich war dabei. Der Beschluss wurde einmütig gefasst. Fast. Es gab eine Gegenstimme. Und im Umfeld der Vorstandsdebatten schwadronierten Vermutungen und Unterstellungen, alt bekannte und wiederkehrende. Etwa diese: Hiermit wollen sich die Partei-Rechten nur anderen Parteien andienen, um endlich als regierungsfähig zu gelten. Absurd!

Keine andere politische Strömung hat mehr Grund, radikal mit der eigenen Geschichte, mit Irrtümern, Verfehlungen und Verbrechen umzugehen als die Linke. Sie muss es um ihrer selbst Willen tun, wenn sie Zukunft gestalten will. Mit dem 13. August 1961 steuerte die DDR auf ihr Ende zu. Der vermeintliche Zweck hatte die Mittel nie geheiligt.

Soziale und Freiheitsrechte – für alle - sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Man darf sie weder gegeneinander ausspielen noch hierarchisieren. Wer es dennoch versucht, ist nicht menschlich. Das ist meine Lehre aus meiner DDR-Zeit. Deshalb streite ich dafür, dass die neue LINKE immer auch eine moderne sozialistische Bürgerrechtspartei sein muss.

Ich habe zahllose Gründe, den vermeintlich sieghaften Kapitalismus systematisch in Frage zu stellen. Eben weil er hierarchisiert und ausspielt: Arme gegen Reiche, Kranke gegen Gesunde, Alte gegen Junge, Demokratien gegen Börsen. Aber das entlässt mich und keine LINKE aus der Mahnung, auch der Opfer des 13. August zu gedenken.