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»Wir brauchen eine europäische Lösung«

erschienen in Clara, Ausgabe 24,

Alexis Tsipras im Interview mit clara über die anstehenden Wahlen in Griechenland und eine fatale Sparpolitik.

Was passiert, falls Ihr Bündnis Syriza die Wahlen am 17. Juni 2012 gewinnt und Sie neuer Ministerpräsident werden?

Alexis Tsipras: Nach unserem Wahlsieg werden wir eine neue Situation in Europa haben. Wir werden unsere Wahlversprechen einhalten und uns nicht dem Spardiktat beugen. Wir wollen alle Verträge neu verhandeln.

Was kritisieren Sie am Spardiktat?

Die bisherige Sparpolitik ist gescheitert – nicht nur in Griechenland, sondern auch
in Spanien, Portugal, Italien, Irland und anderen Ländern. Die Wirtschaft schrumpft, Arbeitslosigkeit und Armut wachsen. Diese Kürzungspolitik hat nicht funktioniert.

Aber wenn Sie die Sparvorgaben nicht umsetzen, stoppen Europäische Union, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds die Zahlungen an Griechenland …

… Dann werden wir innerhalb sehr kurzer Zeit eine sehr explosive Situation in meiner Heimat erleben, finanziell und sozial. Ich hoffe darauf, dass sich die linken Kräfte in Europa durchsetzen werden und wir einen anderen Weg gehen können.

Sie sprechen immer von der europäischen Dimension des Problems …

Ja, es geht nicht nur um Griechenland. Wir brauchen eine europäische Lösung. Wir müssen die Rolle der Europäischen Zentralbank neu definieren. Sie muss die nationalen Haushalte direkt unterstützen können. Und wir brauchen endlich Euro-Bonds, also europäische Anleihen, für die alle gemeinsam haften.

Als sich im Jahr 1967 ein Wahlsieg der Linken in Griechenland abzeichnete, haben rechte Offiziere eine Militärdiktatur errichtet. Befürchten Sie Ähnliches bei einem Wahlsieg?

Nein, ich habe keine Angst. Die Demokratie in Griechenland ist stabiler und stärker als damals. Alle werden die Ergebnisse der Wahlen akzeptieren.

Das Interview führte Ruben Lehnert.