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Wer? Wusste? Was? Wann? Woher?

erschienen in Clara, Ausgabe 35,

Von wem erfuhr der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy etwas über die gegen ihn laufenden Kinderporno-Ermittlungen? Eine Glosse

Wer ist die undichte Stelle? Vieles deutet darauf hin, dass mindestens ein Sozialdemokrat geplaudert haben könnte. Aber nicht jeder kommt als Täter infrage. Es soll unter den 460.000 Parteimitgliedern auch einzelne geben, die vorab nicht eingeweiht waren. Das macht die Suche kompliziert. Dennoch: Die SPD-Spitze und der Untersuchungsausschuss des Bundestags haben beeindruckende Details über möglicherweise Beteiligte ermittelt.    Sebastian Edathy Wenn jemand unbeschadet aus dieser Geheimnisverratsaffäre herauskommt, dann er: Edathy hat definitiv niemandem weitererzählt, dass gegen Edathy ermittelt wird. Schließlich erfuhr er das – von wem auch immer – ja selbst als Allerletzter. Bis dahin hatte er geglaubt, ein normaler Anhänger der Jugendfreikörperkunst zu sein. Die Nachricht, krank zu sein, machte ihn krank: Aus gesundheitlichen Gründen verzichtete er erst auf seinen Bundestags-Laptop und dann auch aufs Mandat.   Sigmar Gabriel Der SPD-Vorsitzende wurde durch den damaligen CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich informiert, der wiederum von BKA-Chef Jörg Ziercke ins Bild gesetzt worden war. Gabriel erzählte es lediglich den Genossen Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann. Er versicherte sich ihrer Diskretion, indem er sie ein feierliches Schweigegelübde ablegen ließ. Das können alle Mitarbeiter des Willy-Brandt-Hauses bezeugen.   Frank-Walter Steinmeier Der Außenminister ist ein Ehrenmann. Wenn er dem jungen Genossen Edathy hätte helfen und ihn kurieren wollen, dann niemals mit einem schäbigen Wortbruch, sondern nur durch Verhandlungen und Abschreckung.   Thomas Oppermann Der SPD-Fraktionschef war zwar informiert worden, hätte aber gern mehr gewusst. Also rief er den damaligen BKA-Chef Ziercke an. Der wiederum schwieg am Telefon beharrlich. In den Schweigepausen redete Oppermann, achtete aber darauf, nichts zu sagen. Woraufhin Ziercke noch intensiver schwieg. Der NSA-Mitschnitt von Zierckes gesammeltem Schweigen und Oppermanns Einlassungen soll mittlerweile überspielt worden sein, man brauche den Speicherplatz.   Helga Garbussek Unfassbar, aber Frau Garbussek wusste nichts. "In meiner Ortsgruppe Fallingbostel wussten es alle, nur mir hat keiner was gesagt." Der Vorstand verteidigte sein Vorgehen: "Es ging doch um absolute Diskretion!" Die Genossen wünschen sich aber von der Parteispitze mehr Unterstützung: "Es wäre schön, wenn wir aus der Zentrale auch dann Informationen bekommen, wenn einem von uns Ärger mit dem Finanzamt droht, wenn sich das Punktesammeln auf Flensburg bezieht oder ein vertrauliches Dossier lückenhaft ist."   Michael Hartmann Der innenpolitische Sprecher sprach seinerzeit mit dem Fraktionsvorsitzenden über den schlechten Gesundheitszustand Edathys: "Du, der Sebastian ist sehr, sehr krank." Heute beruft sich Hartmann auf gravierende Erinnerungslücken. Der passionierte Innenpolitiker hatte sich einem Selbstversuch mit der Droge Crystal Meth unterzogen. Das Zeug führt laut Hartmann zu grausigen Folgen, verursache zum Beispiel schwerwiegende Gedächtnisstörungen.   Helmut Schmidt Den Elder Statesman hatte Friedrich – versehentlich? – nicht unterrichtet. Später zeigte sich Schmidt von der Affäre kaum überrascht. "Alkoholiker, Lügner, Steuersünder und Kriminelle im Bundestag? Natürlich, das Parlament soll ja ein Spiegelbild der Gesellschaft sein."