Zum Hauptinhalt springen

Wege aus der Krise

erschienen in Clara, Ausgabe 21,

»Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat«, schreibt Frank Schirrmacher, Herausgeber der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Selbst Nicolas Sarkozy führte in Frankreich eine Reichensteuer ein, für die Finanztransaktionssteuer wirbt mittlerweile sogar Finanzminister Schäuble – wenn auch halbherzig. Reuige Sünder, möchte man meinen. Oskar Lafontaine nennt sie hingegen »Linke wider Willen«. Unwillig müssen sie eingestehen, dass ihr Rezept der unsichtbaren Hand des Marktes Europa immer weiter in die Krise stürzt. Den großen Wurf indes haben sie nach all diesen halbherzigen Eingeständnissen nicht gewagt. Ganz im Gegenteil: Die Kanzlerin hat ihre Mehrheit im Bundestag für die Ausweitung des Rettungsschirms bekommen. Zittern musste sie nicht – SPD und Grüne sprangen ein, um mit ihren Stimmen eine weitere Rettung der Banken zu garantieren. Damit führen sie Europa noch tiefer in die Krise.

Ein Umsteuern aber ist dringend geboten: Die OECD prognostiziert den Einbruch der deutschen Wirtschaft zum Jahresende. Griechenland droht der Bankrott. Banken und Finanzinvestoren, die in der Krise von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gerettet wurden, verdienen jetzt an der gestiegenen Staatsverschuldung. Sie leihen sich billig Geld bei der Europäischen Zentralbank und verleihen es zu Wucherzinsen an Eurostaaten. Was als abstrakte Krise begann, wird für die Menschen über Einsparungen im Staatshaushalt konkret. Der Unmut der Griechen, der Spanier und Portugiesen ist tagtäglich im Fernsehen sichtbar.

Dabei gibt es Wege aus der Krise. Man müsste sie nur beschreiten. Die Wirtschafts-, Finanz- und Staatsschuldenkrise ist auch eine Lohnkrise. Wenn überall gekürzt und gespart wird, dann bricht die Binnenkaufkraft ein. Der Wirtschaftskreislauf kommt zum Stehen. Deshalb müssen Löhne, Renten und Sozialleistungen deutlich steigen.

Die Wirtschaftskrise begann als eine Krise der Finanzmärkte. Um aus der Krise wieder herauszukommen, muss die Macht der Banken und Spekulanten über die Politik gebrochen werden, indem die Kreditversorgung der Staaten auf eine öffentliche europäische Bank übertragen wird. Um die Geldversorgung der Bevölkerung und der Realwirtschaft zu sichern, muss das System von Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgebaut werden, die sich über die Einlagen der Sparer finanzieren und auf Spekulationsgeschäfte verzichten. Zur Finanzierung einer Europäischen Union, die solidarisch auch mit Mitgliedsstaaten in Notlagen ist, muss eine Finanztransaktionssteuer auf alle Geldgeschäfte an den Börsen erhoben werden.

Die Entschuldung der Staaten muss von den Profiteuren der Krise und ihrem aufgehäuften Geldvermögen getragen werden. In Griechenland besitzen die 2000 reichsten Familien 80 Prozent des Gesamtvermögens. Trotzdem wird keine Vermögenssteuer eingeführt, sondern bei den Sozialleistungen gespart. DIE LINKE fordert eine Politik nach dem Verursacherprinzip, dementsprechend auch die Einführung einer europaweiten Vermögensabgabe. Für die Eurozone gilt: Der Euro wird scheitern, wenn nicht in allen Staaten der Eurozone ähnliche Bedingungen für Wirtschaft, Steuern und Sozialpolitik gelten. Wenn in Deutschland die Löhne, Renten und Sozialleistungen gesenkt und gekürzt werden, um sich damit Konkurrenzvorteile im Wettbewerb zu sichern, dann ist das eine wesentliche Ursache des Niedergangs anderer Staaten in Europa.

Durch eine höhere Einkommenssteuer für Bestverdiener, eine Bankenabgabe und die gerechte Besteuerung von Kapitaleinkünften könnten europaweit Investitionen in Infrastruktur, Umwelt und Bildung ermöglicht werden.

Es gibt Wege aus der Krise.