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Weg mit Hartz IV – Für gute Arbeit und eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung

Von Klaus Ernst, Katja Kipping,

DIE LINKE fühlt sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsge- richts zu den Hartz-Regelsätzen in ihrer Kritik bestätigt. Hartz IV tritt die Menschenwürde mit Füßen. Hartz IV ist Armut und Ausgren- zung per Gesetz, demütigt und schikaniert Erwerbslose, macht Beschäftigte erpressbar. Hartz IV muss weg! DIE LINKE will gute Arbeit und eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsiche- rung. Wer arbeitet, muss davon leben können. Nicht die Leistungen für Erwerbslose sind zu hoch, sondern die Löhne zu niedrig.

Wer keine Arbeit hat, braucht eine Mindestsicherung, die vor Armut schützt und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Das Existenzminimum darf nicht durch Sanktionen gekürzt werden. Kämpfen Sie mit uns für eine menschenwürdige Mindestsicherung und gute Löhne!

Hartz IV war ein grundlegender Fehler

Der Einführung von Hartz IV lag die Philosophie zugrunde, nicht das Fehlen von Millionen von Arbeitsplätzen sei das Problem, sondern die Motivation von Erwerbslosen. Die Opfer des Arbeitsmarkts wurden zu Schuldigen umgedeutet. Statt mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wurde der Druck auf Erwerbslose erhöht. Die Absurdität dieser Ideologie ist gerade angesichts der Wirtschaftskrise offensichtlich. Es mangelt an guter Arbeit, nicht am Willen zu arbeiten. Die meisten Hartz-IV-Beziehenden sind nicht untätig, weil sie arbeiten, kleine Kinder betreuen oder an Maßnahmen teilnehmen. Nur 44 Prozent sind tatsächlich arbeitslos und 90 Prozent von ihnen wollen dringend arbeiten. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Nicht die Arbeitsmoral ist also das Problem, sondern das Fehlen von Millionen Arbeitsplätzen.

Hartz IV ist gescheitert und verfassungswidrig

Fünf Jahre nach der Einführung von Hartz IV ist außerdem klar: Die Reform ist grundlegend gescheitert. Vorgebliche Ziele wie die schnelle und passgenaue Vermittlung von Betroffenen in Erwerbsarbeit sowie eine effiziente, bürgerfreundliche Verwaltung wurden nicht erreicht. Stattdessen wurden Millionen Menschen in Armut gestoßen und auf ein repressives Fürsorgesystem verwiesen. Die versprochene Hilfe aus einer Hand wurde nie verwirklicht. Die Spaltung von Erwerbslosen in zwei Klassen droht mit der Reform der Jobcenter zementiert zu werden.

Mittlerweile sind Kernbestandteile der Hartz-Reformen vom obersten Gericht für verfassungswidrig erklärt worden. Die Konstruktion der Jobcenter ist ebenso unzulässig wie das Verfahren zur Bestimmung der Regelsätze. Union und FDP müssen deshalb noch in diesem Jahr nachbessern. Die von Vizekanzler Westerwelle (FDP) angestoßene Diffamierungskampagne soll Verbesserungen für die Betroffenen kommt. Sie dient dazu, Beschäftigte gegen Erwerbslose auszuspielen und beiden die dringend notwendigen Verbesserungen ihrer sozialen Lage vorzuenthalten. Für diese gilt es jedoch entschieden zu kämpfen! Der verleumderischen Kampagne müssen wir
vehement entgegen treten!

Hartz IV hat verheerende Wirkungen auf den Arbeitsmarkt und das soziale Klima

In einer Hinsicht hat Hartz IV tatsächlich gewirkt: Der Niedriglohnsektor ist dadurch immens ausgeweitet worden. 6,5 Millionen Menschen in diesem Land arbeiten mittlerweile zu Niedriglöhnen. 1,4 Millionen müssen ihre Hungerlöhne vom Amt aufstocken lassen. Die Angst vor dem Repressionssystem Hartz IV hat die Konzessionsbereitschaft von Erwerbslosen erhöht und die Beschäftigten erpressbar gemacht. Hartz IV hat die Angst vor Armut und sozialer Ausgrenzung bis weit in die Mitte der Gesellschaft hineingetragen. Die Angst vor Arbeitslosigkeit und dem damit bei längerer Dauer verbunden Statusverlust ist erheblich gestiegen. Dies hat aber nicht zu mehr Solidarität, sondern zu verstärkten Ressentiments gegenüber Langzeiterwerbslosen geführt. Hartz IV spaltet die Gesellschaft und sät Angst.

Die Alternativen der LINKEN:
DIE LINKE will Hartz IV grundsätzlich überwinden und durch gute Arbeit sowie eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung ersetzen.

Gute Arbeit

  • Wir wollen mit einer umfassenden politischen Strategie Erwerbslosigkeit, Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung entgegen treten und stattdessen Existenz sichernde und sozial abgesicherte gute Arbeit fördern. Durch ein Zukunftsprogramm können zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
  • Ein gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde schiebt Lohndumping einen Riegel vor und sorgt dafür, dass Menschen von ihrer Arbeit auch leben können.
  • Das Kurzarbeitergeld und den Anspruch auf Arbeitslosengeld wollen wir verlängern.
  • In der Arbeitsmarktpolitik wollen wir alle Erwerbslosen gleich stellen und den Zugang zu Ziel führenden und qualitativ hochwertigen Arbeitsfördermaßnahmen ermöglichen, deren Teilnahme auf Freiwilligkeit beruht. Ein-Euro-Jobs wollen wir abschaffen und in sozialversicherungspflichtige, tariflich bezahlte Arbeitsverhältnisse in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor umwandeln.

Sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung

  • Alle Menschen, die über kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen, um ihren
  • Mindestbedarf zu decken, haben Anspruch auf die Mindestsicherung. Diskriminierende Sondersysteme wie das Asylbewerberleistungsgesetz werden abgeschafft.
  • Die Regelleistung für Erwachsene ist auf 500 Euro pro Monat festzulegen und jährlich zumindest in dem Maße anzuheben, wie die Lebenshaltungskosten steigen. Die Regelleistungen für Kinder und Jugendliche müssen bedarfsorientiert und altersspezifisch ermittelt und deutlich angehoben werden. Anzustreben ist eine eigenständige, bedarfsdeckende Kindermindestsicherung, bei der das Einkommen berücksichtigt wird.
  • Angemessene Wohnkosten sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu ersetzen. Der
  • Maßstab für die Angemessenheit der Wohnkosten muss sich an den Kriterien des sozialen Wohnungsbaus und den ortsüblichen Vergleichsmieten orientieren.
  • Die allgemeinen Vermögensfreigrenzen sind auf 20 000 Euro pro Person anzuheben.
  • Das Existenzminimum ist grundrechtlich verbrieft. Es darf nicht gekürzt werden. Die Sanktionsparagrafen sind deshalb sofort ersatzlos zu streichen. Die Mindestsicherung ist repressions- und sanktionsfrei auszugestalten.
  • Die rechtliche Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft ist zu überwinden. Die Mindestsicherung orientiert sich am Individualprinzip: Jeder bedürftige Mensch hat einen eigenen Anspruch. Nur da, wo zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtungen bestehen, können diese auch sozialrechtlich geltend gemacht werden.
  • Der eigenständige Anspruch ist ab der Volljährigkeit anzuerkennen. Die Sonderregeln für die Gruppe der jungen Erwachsenen bis 25 Jahre, insbesondere das Auszugsverbot und reduzierte Regelleistung, sind abzuschaffen.
  • Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind grundsätzlich anrechnungsfrei.
  • Das Rückgriffsrecht gegenüber den Erben der Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher ist abzuschaffen.

Mit dieser Gesamtstrategie wird dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes und den Grundrechten endlich wieder Geltung verschafft. Langzeiterwerbslosen wird ein Leben in Würde ermöglicht. Die Lage der Beschäftigten wird verbessert. So stärken wir den Zusammenhalt und die Demokratie und befördern die sozial gerechte Ausgestaltung unserer Gesellschaft. Unterstützen Sie uns dabei!

 

Redaktionsschluss: 16. März 2010