Zum Hauptinhalt springen

Webcam ins Schlafzimmer?

erschienen in Querblick, Ausgabe 2,

Hartz  IV: DIE LINKE. fordert Individualprinzip statt Bedarfsgemeinschaft

CDU und SPD verschärften im August 2006 die Hartz-IV-Regelungen. Dabei führten sie die Umkehr der Beweispflicht für Bedarfsgemeinschaften ein. Nach dem Willen der Großen Koalition müssen nun Menschen, die ein Jahr und länger zusammen in einer Wohnung leben, beweisen, dass sie nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Mehrmals fragten wir im Ausschuss nach, wie denn ein solcher Beweis erbracht werden könne. Eine Antwort erfolgte nicht.

Selbst die provokante Frage, ob etwa die Betroffenen eine Webcam im Schlafzimmer aufstellen müssen, blieb unbeantwortet. Die eigene Unfähigkeit, eine belastbare Beweismethode zu benennen, hielt die Abgeordneten von CDU und SPD jedoch nicht davon ab, für die Beweislastumkehr zu stimmen. Können Erwerbslose diesen Beweis nicht erbringen, gelten sie als Bedarfsgemeinschaft und das Einkommen des einen wird dem anderen angerechnet.

In der Praxis treibt dieses Wahnsinns helle Blüten. So verweigerte ein Jobcenter der 15-jährigen Tochter einer allein erziehenden Erwerbslosen die finanzielle Unterstützung. Als Begründung wurde angegeben, dass die erwerbslose Mutter in einer nichtehelichen Gemeinschaft mit einem Mann lebt, der immerhin Arbeitslosengeld I bezieht. Dabei berücksichtigte das Jobcenter nicht, dass das Mädchen keine Möglichkeiten hat, den neuen Partner ihrer Mutter zum Unterhalt zu zwingen, und somit ihr Existenzminimum nicht gesichert ist.

Die finanzielle Sippenhaft  der Angehörigen stellt eine Belastung für das familiäre Klima dar, da sich Personen, die sich zuvor auf gleicher Augenhöhe begegnet sind, von nun an in einem Abhängigkeits- und Aushaltungsverhältnis befinden. Statt ökonomischer Abhängigkeiten sollten jedoch Respekt und Zuneigung die Basis des Zusammenlebens bilden.

Deshalb streitet DIE LINKE. im Bundestag für soziale Sicherungssysteme, die konsequent von Individuen ausgedacht werden und die von einem individuellen Rechtsanspruch ausgehen.

Katja Kipping, MdB, Sozialpolitische Sprecherin der Fraktion  DIE LINKE