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Warum schützt die Klage der LINKEN das deutsche Grundgesetz, Herr Gysi?

Von Gregor Gysi, erschienen in Klar, Ausgabe 26,

Die Fraktion Die Linke. im Bundestag hat gegen den Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), den zweiten Rettungsschirm für die Banken, und gegen den, nach dem Vorbild der deutschen Schuldenbremse gestalteten, Fiskalvertrag Verfassungsbeschwerde und eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht erhoben. Über deren Eilanträge wird das Gericht am 12. September entscheiden. Unsere Kritik an Fiskalpakt und ESM bezieht sich vor allem auf zwei Punkte: Erstens warnen wir vor den sozialen Folgen, wenn ESM und Fiskalpakt greifen. Mit dem ESM werden wieder Milliarden Steuergelder zur Rettung der Banken rausgeworfen, ohne dass sie sich irgendwie an der Bewältigung der Krise beteiligen. Das ist der falsche Weg. Mit dem Fiskalpakt müssen alle Staaten, die ihn ratifizieren, den Gürtel enger schnallen. In Deutschland betrifft das dann auch den Großteil der Bevölkerung. Unser zweiter Kritikpunkt lautet, dass Union, FDP, SPD und Grüne zwei Verträge gebilligt haben, die tief in die demokratische Verfasstheit und das Hoheitsrecht des Parlaments, das. Budgetrecht, eingreifen.
Deshalb sind wir vor Gericht gezogen, um zu erwirken, dass dem Bundespräsidenten die Unterschrift unter diese Verträge untersagt wird. Das Bundesverfassungsgericht wägt nun bis zum 12. September ab, ob die Verfassungskonformität der beiden Gesetze wirklich gegeben ist, und wenn nicht, ob es dem Bundespräsidenten eine Unterschrift untersagen sollte. Das ist ein Erfolg. Die Gegner unserer Klage warnen vor den Reaktionen der Märkte, wobei deren Psyche keiner einschätzen kann. Auf jeden Fall rechtfertigt ein Markt keine grundgesetzwidrigen Verträge, die die Rechte des Deutschen Bundestags, des Bundesverfassungsgerichts, der Bundesländer, der Kommunen und unserer Bevölkerung beachtlich einschränken. Nun ist aber auch der Bundespräsident am Zuge. Entweder er sichert dem Gericht zu, bis zum 12. September keine Unterschriften zu leisten, oder er verweigert sich. Dann müsste in wenigen Wochen über unsere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die eine Unterschrift untersagt, entschieden werden.