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Von unseren Nachbarn lernen

erschienen in Clara, Ausgabe 21,

Der Verkehrswissenschaftler Prof. Dr. Heiner Monheim (Universität Trier) über den Weg zum kostenlosen öffentlichen Nahverkehr in Deutschland

Wäre es auch in Deutschland möglich, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos anzubieten?

Prof. Heiner Monheim: Natürlich. Man könnte zum Beispiel eine Nahverkehrsabgabe einführen – ganz so, wie wir Gebühren für Abfall und Abwasser bezahlen.

Gibt es solche Konzepte schon?

Bei den Semestertickets. Da zahlen alle Studenten einen Semesterbeitrag an ihre Uni, von dem sie – ob sie es brauchen oder nicht – ein Ticket für den öffentlichen Verkehr bekommen. So nutzen mehr Studenten die Verkehrsunternehmen und bescheren ihnen gesicherte Einnahmen.

Und außerhalb der Universitäten?

Es gab Projekte in Lübben und in Tübingen, wo der Nahverkehr zum Nulltarif angeboten wurde. Diese wurden jedoch aus Kostengründen abgebrochen. Es gibt das Problem, dass Gemeinden nicht über ihre Stadtgrenzen hinaus entscheiden können, der Nahverkehr aber meistens überregional organisiert ist. Für die Finanzierung ist das schwierig.

Wie könnten Nulltarifprojekte erfolgreich umgesetzt werden?

Es bedürfte einer gesetzgeberischen Initiative auf Bundes- oder Länderebene. Doch der Bundesverkehrsminister will lieber vierspurige Autobahnen zu sechsspurigen machen, als in öffentlichen Verkehr zu investieren.

Das Interview führte May Naomi Blank.