Die Punkband Pussy Riot fordert den russischen Präsidenten heraus und löst eine Woge der internationalen Solidarität aus.
Zwei Jahre Straflager wegen »Rowdytums aus religiös motiviertem Hass« – so lautete Ende August das Urteil eines Moskauer Gerichts gegen Nadeschda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) und Jekaterina Samuzewitsch (30). Die drei Musikerinnen der feministischen Punkband Pussy Riot hatten im Februar mit einer Protestaktion in der Erlöserkathedrale in Moskau gegen die Rückkehr von Wladimir Putin in den Kreml und die Verquickungen von Staat und Kirche demonstriert. Während der knapp einminütigen Performance tanzten die Frauen, verkleidet mit bunten Sturmmasken und in farbenfrohen Kostümen, um den Altar herum und skandierten ein kurzes Gedicht.
Die anschließende Verhaftung und Anklage gegen Pussy Riot lösten zahlreiche Solidaritätskundgebungen in der ganzen Welt aus. In Washington, Tokio und Berlin forderten Menschen die sofortige Freilassung der Musikerinnen. Stefan Liebich, für die Fraktion DIE LINKE Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, kritisierte: „Der Schauprozess beweist erneut: Russland verabschiedet sich immer mehr von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.“
Unmittelbar nach dem Urteil hatte Nadeschda Tolokonnikowa ihre Kritik an Putin erneuert. Das von ihm installierte System erinnere an „diktatorische Regime der Vergangenheit“. „Unsere Motive waren ausschließlich politisch. Wir wollen jenen Teil der Gesellschaft aufrütteln, der politisch bislang apathisch war“, sagte sie. Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina müssen für zwei Jahre ins Gefängnis. Mittlerweile wurden beide Frauen in Strafkolonien weit weg von Moskau abgeschoben. Die 22-jährige Tolokonnikowa in ein Barackenlager in Mordwinien, die 24-jährige Aljochina hinter den Ural. Die Richter wandelten lediglich die Haftstrafe von Jekatarina Samuzewitsch in eine Bewährungsstrafe um. Sie reichte unterdessen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Beschwerde gegen diesen Schuldspruch ein.
Punk-Gebet von Pussy Riot
Mutter Gottes, Jungfrau,
vertreibe Putin Vertreibe Putin, vertreibe Putin.
Schwarzes Ornat, goldene Schulterklappen.
Alle Bittsteller kriechen zur Verbeugung
Das Gespenst der Freiheit im Himmel
Gay Pride ist in Ketten nach Sibirien geschickt worden
Der Chef des KGB ist ihr oberster Heiliger.
Führt die Protestierer bewacht in Haft.
Um den Heiligsten nicht zu betrüben
Müssen Frauen gebären und lieben
Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck
Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck
Mutter Gottes, Jungfrau, werde Feministin
Werde Feministin, werde Feministin
Kirchliches Lob für die verfaulten Führer
Prozession aus schwarzen Limousinen
In die Schule kommt der Pfarrer
Geh zum Unterricht – bring ihm Geld!
Der Patriarch Gundjaj glaubt an Putin
Besser würde der Hund an Gott glauben
Der Gürtel der Jungfrau ersetzt keine Demonstrationen
Die Jungfrau Maria ist bei den Protesten mit uns!
Mutter Gottes, Jungfrau, vertreibe Putin
Vertreibe Putin, vertreibe Putin.
Quelle: www.freepussyriot.org
Tipp: Der Hamburger Verlag Edition Nautilus bringt unter dem Titel »Pussy Riot! Ein Punk-Gebet für die Freiheit« ein Buch heraus. Darin Briefe der Frauen aus dem Gefängnis, die Plädoyers der Anwälte, die Schlusserklärungen der verurteilten Musikerinnen und bisher unbekannte Texte. Erscheinungstermin: Dezember.