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Streitkräfte halbieren, defensiv ausrichten, Auslandseinsätze beenden

Liebe Leserin, lieber Leser,




die Fraktion DIE LINKE lehnt die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Strukturreform der Streitkräfte ab. Die Regierung will die Bundeswehr schlanker und zugleich schlagkräftiger machen. Ihr Ziel ist eine noch effektivere globale Einsatz- und Interventionsarmee, die auch Wirtschaftskriege führen kann. 
  Im Unterschied zu den anderen Parteien hält DIE LINKE eine Welt für möglich, in der Konflikte friedlich und mit zivilen Mitteln ausgetragen werden. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Ursachen gewaltträchtiger Konflikte energisch angegangen werden: Frieden verlangt nach einer Welt, in der es gerecht zugeht, allen Menschen der Zugang zu Nahrung, Wasser, Arbeit, Bildung und Gesundheit ermöglicht wird und alle Kinder, Frauen und Männer über grundlegende Menschenrechte verfügen.   Eine Welt und eine Bundesrepublik Deutschland ohne Armee ist daher das Ziel der Fraktion DIE LINKE. Mit konkreten Abrüstungsschritten kann und muss hier und heute begonnen werden. Aus diesen Überlegungen leitet die Fraktion DIE LINKE ihr Zehn-Punkte-Programm für eine Reform der Bundeswehr ab, das sie Ihnen mit diesem Folder vorstellen möchte.   Grundgesetzauftrag: Landesverteidigung   Der Ausgangspunkt für den politischen Auftrag der Bundeswehr ist das Recht auf Landesverteidigung, wie es im Grundgesetz (Art. 87a) festgeschrieben und im Einklang mit der UN-Charta (Art. 51: Recht auf Selbstverteidigung) zugstanden wird. DIE LINKE hält eine kontinuierliche, öffentliche Debatte über Friedenspolitik für notwendig. Die Perspektive liegt in einer vollständigen Abrüstung der Bundeswehr im Zusammenhang mit universal oder regional ausgehandelten Abrüstungsprozessen. DIE LINKE tritt hierbei für einseitige Schritte der Rüstungsreduzierung und für eine aktive Abrüstungsdiplomatie ein. Der Primat ziviler Instrumente der Außen- und Sicherheitspolitik muss wiederhergestellt werden.   Bundeswehr defensiv ausrichten



DIE LINKE will die Beteiligung der Bundeswehr an der NATO Response Force (NRF) und den European Battle Groups (EUBG) beenden. Auch für Einheiten der European Rapid Reaction Forces (ERRF) soll die Bundeswehr keine Truppen stellen. Dadurch können all diejenigen Einheiten, die auf Auslandseinsätze ausgerichtet sind, wie zum Beispiel Einsatzführungs- und Spezialkommandos, aufgegeben sowie Waffenbeschaffungsprogrammen beendet werden.    Streitkräfte um die Hälfte reduzieren



Die Bundesregierung und die Führung der Bundeswehr gehen inzwischen davon aus, dass Deutschland durch andere Streitkräfte nicht mehr real bedroht ist. Aus diesem Grund existiert ein großer Handlungsspielraum, die deutschen Streitkräfte drastisch zu reduzieren und auch künftig bei den Militärausgaben zu sparen. Konkret ist zunächst eine Halbierung der Bundeswehr auf 125 000 Soldatinnen und Soldaten innerhalb der nächsten zehn Jahre vorzunehmen.    Wehrpflicht beenden



Die Bundeswehr als Wehrpflicht-Armee gehört längst der Vergangenheit an. Schon aus Gerechtigkeitsgründen ist die Aufhebung der Wehrpflicht überfällig: Sie stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte junger Menschen dar. Außerdem ist sie sicherheitspolitisch nicht zu begründen. Der Zwangsdienst muss deshalb sofort beendet; das Wehrpflichtgesetz aufgehoben werden.



Die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte festigen

   DIE LINKE will die parlamentarischen Informations- und Kontrollrechte stärken. Historische Erfahrungen zeigen, dass Armeen im Einsatz die Tendenz haben, sich der demokratischen Kontrolle zu entziehen. Deswegen braucht es eine umfassende parlamentarische und gesellschaftliche Kontrolle der Streitkräfte. Statt rigider Geheimhaltung ist Transparenz geboten. Für Soldatinnen und Soldaten müssen dieselbe Gerichtsbarkeit und dasselbe Recht gelten wie für alle anderen. Eine eigene Sondergerichtsbarkeit für die Bundeswehr lehnt DIE LINKE ab.

   Zivilität und Demokratie dürfen nicht am Kasernentor Halt machen   

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Bürgerinnen- und Bürgerrechte innerhalb der Bundeswehr beachtet werden, und verteidigt das Prinzip des Staatsbürgers in Uniform. Im Alltag der Bundeswehr gilt es, die Soldatenrechte zu stärken und den Soldatinnen und Soldaten mehr Beteiligungsmöglichkeiten einzuräumen. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für alle Soldatinnen und Soldaten darf nicht angetastet werden. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre soziale Sicherheit tarifvertraglich abgesichert und strikt beachtet werden. Die Privatisierung von Teilen der Bundeswehr und ihrer Verwaltung lehnt die Fraktion DIE LINKE ab.



Zivile und militärische Hilfe trennen – Kein bewaffneter Einsatz im Inneren



Der weiteren Vermischung von Zivilem und Militärischem ist ein Riegel vorzuschieben. Es darf keinen Weg zum Einsatz bewaffneter Bundeswehrkräfte im Inneren geben. Dem zivilen Sektor müssen an dieser Stelle die nötigen Kapazitäten und Ressourcen für die Umsetzung der Entscheidungen zur Verfügung gestellt werden. Auch für den internationalen Bereich gilt, dass Katastrophenschutz, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zivil geleistet werden müssen. Zivile Kapazitäten sind so auszubauen, dass kein Bedarf für eine Unterstützung der Bundeswehr besteht.



Mit der Abrüstung beginnen, den Abrüstungsprozess verstetigen



Derzeit bedeutet der Verteidigungshaushalt eine enorme Belastung des Staatshaushalts. Mehr als zehn Prozent der Staatsgelder werden für militärische Belange ausgegeben – pro Kopf der Bevölkerung sind das etwa 400 Euro pro Jahr für Rüstung und Militär. DIE LINKE strebt eine Reduzierung der Militär- und Rüstungsausgaben um 50 Prozent in den nächsten zehn Jahren an. Abrüstung muss heute mehr denn je Ausgangspunkt militärischer Planungen sein. Mittel für wehrtechnische Forschung und Entwicklung sind entsprechend zu kürzen; an den Universitäten sollte Rüstungsforschung keinen Platz haben. 



Umbau und Konversion sozial verträglich gestalten



Die drastische Minderung der Ausgaben für das Militär setzt umfangreiche Mittel frei, die für sozialstaatliche und entwicklungspolitische Belange dringend benötigt werden. Doch Abrüstung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Programme zur Konversion und damit zivilen Nachnutzung von Militärstandorten als auch Programme zur Wiedereingliederung von Bundeswehrangestellten ins zivile Berufsleben müssen finanziert werden. Bei der Beseitigung militärischer Altlasten darf nicht die möglichst gewinnbringende Verwertung der Liegenschaften im Vordergrund stehen, stattdessen muss die zukünftige Nutzung vor allem nach ihrem sozioökonomischen und ökologischen Nutzen für die betroffenen Regionen bewertet werden.



Frieden braucht Bewegung

"Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen" war nach 1945 fester Grundsatz in West und Ost. Der Widerstand gegen einen neuen Militarismus setzte sich bis heute fort. Die Friedensbewegung mit ihren Protesten gegen den Jugoslawienkrieg, gegen den US-Überfall auf den Irak, gegen den Afghanistankrieg, gegen die NATO-Politik und gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland ist ein wichtiger politischer Faktor. DIE LINKE sieht sich in den vielfältigen Traditionen der Friedensbewegung. Zugleich fühlt sie sich verpflichtet sich auch zukünftig der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um eine vernünftige Friedens- und Sicherheitspolitik zu stellen.