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Streik bei der Post, Großwildjagd in Simbabwe und Straftaten mit NSU-Bezug

Von Herbert Behrens, Niema Movassat, erschienen in Clara, Ausgabe 37,

Woche für Woche fühlt die Fraktion DIE LINKE der Bundesregierung mit parlamentarischen Anfragen auf den Zahn. Was die Regierung gerne verheimlicht, kommt so ans Licht. Oft sind diese Anfragen auch für Journalistinnen und Journalisten der Stoff, aus dem sie ihre Geschichten weben. So auch bei den folgenden Anfragen.

Arbeitsagentur als Lieferant für Streikbrecher?    Wurden während des Streiks bei der Deutschen Post im Juli 2015 arbeitslose Menschen unrechtmäßig als Streikbrecher eingesetzt? Nach geltendem Recht darf kein Erwerbsloser gegen seinen Willen in einen bestreikten Betrieb vermittelt werden. Wird ein Unternehmen bestreikt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Streik bei der Agentur für Arbeit zu melden. Unterlässt ein Betrieb jedoch diese Mitteilung, kann es passieren, dass die Arbeitsagentur erwerbslose Menschen an ein bestreiktes Unternehmen verweist und somit Streikbrecherinnen und -brecher liefert.    Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Sabine Zimmermann, hatte mit einer Kleinen Anfrage beim Arbeitsministerium nachgehakt, wie oft die Post in jedem Bundesland den laufenden Streik gemeldet hat. Die Antwort des Ministeriums ergab, dass beispielsweise in Baden-Württemberg nur 14 Warnstreiks gemeldet wurden, aber kein einziger unbefristeter Streik. Dabei standen dort nach Angaben der Gewerkschaft ver.di Anfang Juli über 4.000 Postbeschäftigte im unbefristeten Streik. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten muss die Bundesagentur für Arbeit nun prüfen, ob sie womöglich Erwerbslose während des Streiks an den Postkonzern vermittelt hat. Zahlreiche Medien berichteten über die Anfrage der Fraktion DIE LINKE, zum Beispiel die Tageszeitungen Die Welt und Handelsblatt sowie das Magazin Focus. Auch Sabine Zimmermann kam dort zu Wort, etwa in der Welt: „Streiks bei der Arbeitsagentur nicht zu melden, ist kein Kavaliersdelikt“, sagte sie. „Erwerbslose dürfen nicht als Streikbrecher missbraucht werden.“   Großwildjagd mit deutschem Steuergeld    Ein echter Coup gelang Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit einer Kleinen Anfrage an das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Aus der Antwort des Ministeriums geht nämlich hervor, dass eine Großwildjagdfarm in Simbabwe deutsche Entwicklungshilfegelder bekam. Die Fernsehsendung“Report Mainz“ widmete dem Thema eine ausführliche Reportage.    Fast 700.000 Euro Steuergeld stellte das Ministerium dem Projekt Peace Parks Foundation zur Verfügung. Dieses Projekt begünstigte in auffälligem Maß den deutschen Unternehmer Wilfried Pabst, der mit seiner Firma einen Teil des 600 Quadratkilometer großen Naturschutzparks Sango Wildlife besitzt und bewirtschaftet. Der Park ist ein beliebter Anlaufpunkt für westliche Safaritouristen, Jägerinnen, Botschafterinnen und Politiker. Auf der Farm Sango in Simbabwe werden für Touristen hochpreisige Jagdsafaris angeboten. Im Interview mit „Report Mainz“ erzählt der deutsche Unternehmer, dass dort auch Löwen, Leoparden, Giraffen, Elefanten und Flusspferde gejagt werden können.    Zu dem Skandal äußerte sich Niema Movassat in der TV-Sendung ausführlich: „Es sticht schon als besonders absurd heraus, weil die meisten Entwicklungsprojekte ärmeren Menschen, ärmeren Gemeinden zugutekommen. Hier aber kommt das Projekt vor allem einem deutschen Multimillionär zugute.“ Deshalb müsse sich der Bundesrechnungshof das ganze Projekt anschauen und prüfen, inwiefern hier Standards verletzt und Gelder möglicherweise rechtswidrig ausgegeben wurden.   Mindestens 259 Straftaten mit NSU-Bezug   In Deutschland wird an jedem fünften Tag eine Straftat begangen, die einen Bezug zum rechtsextremistischen Terrornetzwerk Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aufweist. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Martina Renner, Mitglied der Fraktion DIE LINKE, schreibt die Bundesregierung, das Bundeskriminalamt habe seit November 2011 insgesamt 259 solcher Fälle gezählt. Damals erfuhr die breite Öffentlichkeit erstmals von der Existenz des Terrornetzwerks, das mindestens zehn Menschen ermordet und mehrere Bombenanschläge verübt haben soll.   Bei 120 Fällen handele es sich um Propagandadelikte, schreibt die Bundesregierung. In neun Fällen ging es um „politisch motivierte Gewaltkriminalität“, also beispielsweise um Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung. Viermal wurden Waffen eingesetzt. Gemessen an der Einwohnerzahl wurden die meisten Verbrechen mit Bezug zum NSU in Thüringen und Sachsen verübt. In diesen beiden Bundesländern war das Terrornetzwerk besonders stark verwurzelt.   In der Süddeutschen Zeitung, die über diese Enthüllungen Mitte August online berichtete, kommentierte Renner: „Die Zahlen sind alarmierend und verdeutlichen die unzureichende Auseinandersetzung in Behörden und Gesellschaft mit dem NSU-Skandal.“   Steuermillionen für den G-7-Gipfel   Anfang Juni trafen sich die Staats- und Regierungschefs der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Japans, Kanadas, Italiens und Deutschlands zum G-7-Gipfel im Luxusressort Elmau in Bayern. Gastgeberin des kaum 24-stündigen Treffens war die Bundesrepublik Deutschland – und die zeigte sich zulasten der Steuerzahlerinnen und -zahler extrem spendabel. So kostete beispielsweise der Sicherheitszaun, der die selbsternannten Weltführer ein- und das Volk aussperrte, rund zwei Millionen Euro.   Aufgrund einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE musste die Regierung im August detailliert die Kosten für Flüge von Bundeswehr, Flugbereitschaft und Polizei beziffern: insgesamt 4,5 Millionen Euro. Dabei schlug der Transport der Regierungsdelegationen, etwa Beraterinnen, Dolmetscher und Referenten, mit rund 770.000 Euro zu Buche. Flüge für Journalistinnen und Journalisten, die vom Medienzentrum zur rund 40 Kilometer entfernten Pressekonferenz auf Schloss Elmau gebracht wurden, kosteten rund 686.000 Euro. Eingesetzt wurden unter anderem 45 Helikopter und drei Businessjets.    In einem Bericht über die von der Bundesregierung veröffentlichten Kosten zitierte die Nachrichtenplattform Spiegel Online die energie- und klimapolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Eva Bulling-Schröter: „Den G-7-Gipfel in einem Luxusschloss in den bayerischen Alpen abzuhalten, war eine undemokratische, teure und umweltschädliche Merkel-Show.“   Die Pkw-Maut bringt nichts, kostet aber bereits   Ob die Pkw-Maut, für die sich insbesondere die CSU einsetzt, in Deutschland eines Tages eingeführt wird, ist unklar. Die ursprünglich für das Jahr 2016 geplante Einführung der Maut wurde vorerst abgeblasen. Die EU-Kommission hat nämlich ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet, weil sie die Diskriminierung von ausländischen Autofahrern befürchtet. Dem Konzept von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zufolge sollen zwar alle Autofahrer in Deutschland die Abgabe entrichten. Inländische Kfz-Besitzer erhalten das Geld jedoch über die Senkung der Kfz-Steuer zurück. Der Streit könnte vor dem Europäischen Gerichtshof landen.   Klar ist aber, dass das umstrittene Projekt bereits hohe Kosten verursacht hat. Das Verkehrsministerium musste nach einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE eingestehen, dass es rund 100.000 Euro für Gutachten zahlte. 110.000 Euro hat eine externe Softwarefirma erhalten. Für weitere 71.000 Euro wurden drei Testfahrzeuge gekauft. Insgesamt hat die Maut bereits jetzt rund eine halbe Million Euro Steuergeld gekostet. Weitere Ausgaben seien fest eingeplant, etwa für Expertise bei der Vorbereitung der Ausschreibung, ihre Höhe könne aber noch nicht beziffert werden, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf ihrer Internetseite.