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„Selbst im Innenministerium wurden Akten geschreddert“

Von Petra Pau, erschienen in Klar, Ausgabe 27,

Das Nazitrio Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) mordete und raubte ein Jahrzehnt lang unbemerkt und unbehelligt in Deutschland, so die offizielle Lesart. Ungeklärt bleibt bislang die Frage: Waren sie wirklich unbemerkt? Wenn nein, warum dann unbehelligt. Klar fragte nach bei Petra Pau, die für die Fraktion DIE LINKE im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Mordserie ist.

Der Untersuchungsausschuss wird ständig damit konfrontiert, dass Akten von staatlichen Behörden geschreddert, Informationen verheimlicht werden. Wie gehen Sie mit dieser massiven Behinderung um?

Petra Pau: Dass Akten mit Bezug zur NSU-Nazi-Mordserie vernichtet wurden, ist eine bodenlose Frechheit. Und das noch nach dem 4. November 2011, als das Nazitrio nach einem Banküberfall in Eisenach aufgeflogen war. Ebenso schamlos sind die Begründungen. Angeblich war die Frist der Akten aus Datenschutzgründen abgelaufen. Anfangs stand nur das Bundesamt für Verfassungsschutz am Pranger. Inzwischen wissen wir: Auch in Landesbehörden, selbst im Bundesinnenministerium wurden Akten geschreddert.

 

Die Bundeskanzlerin hatte den Angehörigen rückhaltlose Aufklärung versprochen. Ein leeres Versprechen bei der jetzigen Sachlage?

Ja, und ich weiß, der Unmut unter den Betroffenen wächst. Und das sind vor allem Bürgerinnen und Bürger mit türkischen Wurzeln sowie Sinti und Roma. Gegen sie wurde massiv ermittelt, gegen militante Nazis kaum.

 

Wie muss man sich die Arbeit im Untersuchungsausschuss vorstellen?

Die Hauptarbeit findet hinter den Kulissen statt: Aktenstudium. Bisher haben wir rund 400 000 Seiten, die durch Jens Petermann und mich sowie vier Mitarbeiter zu bewältigen sind. Die Ausschusssitzungen selbst sind kraftraubend, häufig gehen sie über 12 bis 15 Stunden.

 

Was können Sie überhaupt noch schaffen bis zum Ende dieser Wahlperiode?

Wir können noch bis März oder April 2013 ermitteln. Dann werden Abschlussberichte verfasst, die noch vor der Bundestagswahl im Plenum debattiert werden. Die Zeit drängt also enorm.

 

Petra Pau ist Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags.

 

Interview: Gisela Zimmer