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Schwester Agnes – unvergessen, unvergleichlich

erschienen in Querblick, Ausgabe 14,

Marion Heinrich hat ein Buch über Gemeindeschwestern geschrieben. Worüber, wird mancher fragen, über Gemeindeschwestern? Die gibt’s doch gar nicht. Stimmt und stimmt nicht.

Im kollektiven Gedächtnis der Menschen, die in der DDR gelebt haben, ist sie eine feste Größe: Schwester Agnes, Heldin einer Fernsehserie, Gemeindeschwester, bauernschlau, naiv und herzensgut. In der großen Bundesrepublik fehle sie, sagen viele. Denn es bräuchte solche Frauen dringender denn je. Auf dem Land, besonders auf dem ostdeutschen Land, ist die medizinische Versorgung schlecht. In den kleineren und mittleren Städten oft auch. Vor allem jene Art der Versorgung ist mangelhaft, die darauf baut, dass Hausbesuche und Gespräche das A und O sind und dass kleine und größere Wehwehchen von einer gut ausgebildeten Schwester behandelt werden können und den vielleicht weiten Weg zum Arzt sparen. Eine Gemeindeschwester ist medizinische und soziale Instanz in einem, egal welches Moped sie fährt.

Gut also, dass mit dem Buch »Gemeindeschwestern erzählen« zehn Frauen zu Wort kommen, die über ihre Arbeit in den ländlichen Gegenden der DDR berichten. Man kann lachen, man kann sich wundern, berühren und erinnern lassen – versprochen ist: Das Buch liest sich, es ist gut erzählte Zeitgeschichte, es setzt ein kleines Denkmal für wunderbare Frauen.

Die Idee zu einem solchen Buch kam mir, als ich 2005 eine politische Kampagne für Gemeindeschwestern startete. Dabei lernte ich viele Gemeindeschwestern kennen. Mir war klar, dass diese Geschichten aufgeschrieben werden mussten. Ich habe die Recherche unterstützt und finanziert. Die Autorin hat sich auf den Weg in die Vergangenheit gemacht und landete dabei immer in der Gegenwart. Denn was die zehn so unterschiedlichen Frauen zu erzählen haben, besitzt seine Gültigkeit. Und vielleicht bewirkt es etwas. Gut also, dass dieses Projekt gelungen ist.

Gesine Lötzsch