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Rente ab 67 verhindern!

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Bundesregierung will die Renten kürzen. Sie nennt es nur nicht so. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht davon, den „Silberschatz des Alters“ heben zu wollen. Komme was wolle: „Die politische Entscheidung über die Rente ab 67 ist gefallen.“ Das ließ sie Anfang August einen Sprecher verkünden – gegen jegliche ökonomische Vernunft, gegen jegliche Tatsachen auf dem Arbeitsmarkt, gegen jegliches Gerechtigkeitsempfinden in der Bevölkerung. Diese Basta-Politik der Regierung übergeht die Lebenswirklichkeit und missachtet die Sorgen der Betroffenen. Für viele wird die Rente erst ab 67 Jahren Altersarmut per Gesetz bedeuten, weil sie nicht so lange arbeiten können. Langsam dämmert dies auch der SPD, deren ehemaliger Arbeitsminister Franz Müntefering das Gesetz einbrachte. Sie will die Einführung verschieben und von einer verbesserten Arbeitsmarktlage älterer Menschen abhängig machen. Am Zieldatum der Rente erst ab 67 will sie aber weiter festhalten. Die Grünen geben sich im Namen falsch verstandener Generationengerechtigkeit völlig der Ignoranz hin. DIE LINKE kämpft weiterhin als einzige Fraktion im Bundestag ohne Wenn und Aber gegen die Rente erst ab 67.

Rente ab 67: gegen die Realität auf dem Arbeitsmarkt

Die Arbeitsmarktlage älterer Menschen ist nach wie vor katastrophal. Nur ein gutes Fünftel der 60- bis 65-Jährigen ist noch in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Bei den 64-Jährigen, also kurz vor Erreichen der jetzigen Regelaltersgrenze, sind es gerade mal noch zehn Prozent, bei den Frauen dieser Altersgruppe sind es sogar nur knapp sieben Prozent.
Meist wird auf die Arbeitsmarktsituation der 55- bis 65-Jährigen geschaut. Bei Menschen, die älter als 60 Jahre sind, findet jedoch ein Absturz der Erwerbsquoten statt. In der Gruppe der 60- bis 65-Jährigen sind nur noch 21,5 Prozent, also ein gutes Fünftel, sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Wer kurz vor der Rente erwerbslos wird, ist nahezu chancenlos, wieder einen Job zu erhalten. Nicht einmal ein Fünftel der 60- bis unter 64-Jährigen und weniger als zehn Prozent der 64-Jährigen schaffen den Übergang aus der Erwerbslosigkeit in Erwerbstätigkeit. Durchschnittlich gehen die Menschen mit ungefähr 63 Jahren in Rente. Die Bundesregierung ignoriert diese Zahlen. Sie stützt sich auf leichte Verbesserungen der Arbeitsmarktlage in der Altersgruppe der 55- bis 65-Jährigen und verlässt sich auf das Prinzip Hoffnung. An der Rente erst ab 67 will sie auf Biegen und Brechen fest halten – gegen den Willen der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung.

Die Rente ab 67: eine verdeckte Rentenkürzung

Die Rente erst ab 67 ist eine breit angelegte Rentenkürzung. Sie führt zu höheren Rentenabschlägen und zu mehr Altersarmut. Denn jeder Monat Rentenbezug vor der Regelaltersgrenze wird mit Rentenkürzungen bestraft. Bereits heute ist die Hälfte derer, die in den Ruhestand gehen, von Abschlägen betroffen. In Ostdeutschland sind es sogar zwei Drittel der Neurentnerinnen und -rentner. Bundesweit führt das zu durchschnittlich 115 Euro weniger Rente – jeden Monat, für den Rest des Lebens. Und das nur, weil Arbeit bis zum 65. Lebensjahr für die meisten Menschen unerreichbar ist. Mit der Rente erst ab 67 werden die maximalen Rentenabschläge von 7,2 auf 14,4 Prozent steigen. In Verbindung mit der gesetzlich fest geschriebenen Absenkung des Rentenniveaus wird die Rente erst ab 67 zu einer Welle von Altersarmut führen.

Die Rente ab 67: Wem nützt das?

Mit der Rente erst ab 67 will die Bundesregierung erreichen, dass der Rentenbeitragssatz bis zum Jahr 2020 nicht über 20 Prozent und bis zum Jahr 2030 nicht über 22 Prozent klettert. Diese Beitragssatzdeckelung nutzt aber allein den Unternehmen. Die Beschäftigten müssen die damit verbundene Absenkung des Rentenniveaus durch private und betriebliche Vorsorge ausgleichen. Aber diesen Beitrag müssen sie allein zahlen. Durch die Rente erst ab 67 würden die Beiträge zur Rentenversicherung bis zum Jahr 2030 insgesamt um 0,5 Prozentpunkte geringer ausfallen. Das sind 0,25 Prozentpunkte weniger Rentenbeitrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Durchschnittsverdienende müssten knapp sieben Euro mehr im Monat in die Rentenkasse einzahlen!

Gute Arbeit – gute Löhne – gute Rente

Der Beitragssatz ist nur die eine Stellschraube, an der gedreht werden kann, um die künftige Finanzierbarkeit der Rente sicher zu stellen. Wichtiger noch sind gute Arbeit und gute Löhne. Wenn mehr Menschen gute Arbeit haben, fließt auch mehr Geld in die Rentenkasse. Höhere Löhne bedeuten auch mehr Beiträge. In den vergangenen zehn Jahren haben die Bundesregierungen nach dem Motto „Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit“ den Niedriglohnsektor massiv ausgebaut. Mini-Jobs, Leiharbeit und Ein-Euro-Jobs führen zu Armutseinkommen und schwächen die Finanzierungsbasis der Rente. Der Niedriglohnsektor muss deshalb dringend eingedämmt werden: Minijobs müssen abgeschafft, Leiharbeit muss streng reguliert und Ein-Euro-Jobs müssen durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ersetzt werden. Außerdem muss ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohns von zehn Euro in der Stunde eingeführt werden. Zudem muss endlich eine Umverteilung von oben nach unten stattfinden. In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Löhne am Volkseinkommen stetig zurückgegangen, die Gewinne sind drastisch gestiegen.

Für mehr Solidarität: gegen die Rente ab 67

Der Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung ist ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung einer soliden und solidarischen Finanzierung der Alterssicherung: Alle Erwerbstätigen, auch Selbständige, Beamtinnen und Beamte, Ministerinnen und Minister und Abgeordnete, sollen unter Wahrung des Bestandsschutzes
zukünftig in die solidarische Erwerbstätigenversicherung einbezogen werden und auf ihr  gesamtes Erwerbseinkommen Beiträge zahlen. Die hohen Rentenansprüche werden abgeflacht. Die Arbeitgeber werden wieder hälftig an der Finanzierung der Alterssicherung beteiligt. Denn, ob die Rente auch bei steigender Lebenserwartung finanzierbar bleibt, ist keineswegs allein eine Frage des demografischen Verhältnisses von Alt zu Jung. Wirklich wichtig sind das Verhältnis von Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern zu Rentenbezieherinnen und Rentenbeziehern, die Entwicklung der Löhne und eine gerechte Finanzierung des Rentensystems.