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„Ramelow sucht den Dialog“

Von Bodo Ramelow, erschienen in Klar, Ausgabe 37,

Bodo Ramelow ist „Der Rote“ (Aufbau, 19,95 Euro). Mit ihm stellt DIE LINKE erstmals einen Ministerpräsidenten: Seit einem Jahr führt er in Thüringen die erste rot-rot-grüne Landesregierung. Der Schriftsteller Landolf Scherzer hat ihn während der ersten hundert Tage im Amt beobachtet.

Wie erlebten Sie die rot-rot-grüne Regierung?   Landolf Scherzer: In den ersten hundert Tagen habe ich erlebt, wie sich die Koalitionspartner abtasten und entwickeln, wie sie zusammenarbeiten. Das waren ja die ersten Wochen nach der Hochzeit. Richtige Probleme und die Mühen der Ebene kamen erst danach, wie in einer Ehe.   Rot-Rot-Grün ist mit dem Anspruch angetreten, in einem anderen Stil zu regieren. Klappt das?   Ich habe in vielen Ministerien beobachtet, wie man sich bemüht, die Regierungsarbeit offener und volkstümlicher zu gestalten, auch wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon sehr lange dort arbeiten. Bodo Ramelow lebt seit 25 Jahren in Thüringen. Er hat damals als Gewerkschafter erlebt, wie viele Betriebe in Insolvenz gingen, und steckt auch dadurch sehr genau in der Materie. Man merkt es an der Flüchtlingspolitik und auch bei anderen Themen, dass er die Aufgaben ganz offen im Dialog lösen will und auf die Bevölkerung zugeht.   Worin besteht die Macht, worin die Ohnmacht des Regierens?   Ramelow hat sich immer wieder gegen diese Frage gewehrt. Er sagte immer wieder, er habe keine Macht im eigentlichen Sinne, sondern nur erweiterte oder eingeengte Gestaltungsmöglichkeiten. Die könne er ausnutzen, um etwas so zu verändern, wie er das will. Andererseits würden ihn ökonomische Zwänge auch einengen und seinen Spielraum begrenzen. Das bezeichne ich aber nicht als Ohnmacht.   Sie kennen Bodo Ramelow seit Beginn der 1990er Jahre. Wie hat er sich verändert?   Wir sind uns immer wieder bei politischen Ereignissen begegnet, beispielsweise im Jahr 1993 beim Hungerstreik der Kali-kumpel in Bischofferode. Charakterlich kann ich ihn nicht beurteilen. Viele bestätigten mir, dass er als Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE ein sehr spontaner und streitbarer Mensch war. So agiert man in der Opposition, wenn etwas aufgeklärt werden soll und man beispielsweise einen Untersuchungsausschuss dafür fordert. Diese angriffslustige Art und Weise ist einem etwas diplomatischeren Stil gewichen, wenn es darum geht, Probleme zu lösen.