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Notversorgung an der Demminer Tafel

erschienen in Klar, Ausgabe 5,

Nahrungsmittelhilfe unterstützt etwa tausend arme Menschen im Landkreis

Die Stimmung ist gedrückt in der Schlange vor dem Eingang zur Demminer Tafel in der Tagesstätte der Diakonie. Etwa achtzig Menschen stehen dort, unsicher, ob sie heute hier etwas Essbares bekommen.

Bevor die Plastikbeutel für die Hartz IV-Empfänger ausgegeben werden, stehen für Magda Goetsch und ihre Helferinnen und Helfer viele Arbeitsstunden bevor. Mit einem Kleintransporter fahren sie die Märkte im Kreis ab, um Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdaten abgelaufen sind, abzuholen. Goetsch ist die gute Seele der Demminer Tafel. Sie und ihre Kolleginnen schaffen ran, was sie können. Wenn es im Kreis Demmin nicht reicht, fahren sie bis nach Hamburg zur Amidose-Stiftung.

Die Zahl der Bedürftigen in der Schlange wird von Monat zu Monat größer. Die Arbeitslosigkeit im Kreis Demmin beträgt bis zu dreißig Prozent. Oft müssen mehrere Menschen ohne die begehrten Lebensmittel wieder nach Hause gehen.

Insgesamt werden in den fünf Ausgabestellen im Kreisgebiet von Demmin etwa dreihundertdreißig Familien versorgt. Das sind gut eintausend Menschen.

»Ohne diese Tafel wüsste ich nicht, wie ich meine Kinder versorgen sollte. Dass es diese Hilfe gibt, macht Mut und lässt uns wenigstens ein bisschen Reserven, damit die Kinder mal ins Kino gehen können«, sagt eine Frau zu Detlev Mendel der neben ihr ansteht. Die ausgegebenen Lebensmittel reichen etwa für zwei bis drei Tage, dann beginnt das Warten auf den nächsten Ausgabetag. Der grauhaarige Mann mit dem Basecap nickt ihr verständnsvoll zu. Erst habe er sich nicht getraut, zur Tafel zu gehen, um sich Essen abzuholen. »Hier in Demmin kennen mich viele, das war mir lange peinlich. Aber der Hunger und ein Schnaps zum Mut machen haben dann geholfen«, sagt er.

Auf dem Land sind Lebensmittel teurer als in der Stadt

Detlev Mendel aus Sternfeld, einem kleinen Ort südlich von Demmin, kommt fast jeden Freitag zur Tafel. Der gelernte Programmierer muss die Nahrungsmittelhilfe der Tafel auch deshalb in Anspruch nehmen, weil die Preise an den mobilen Verkaufsstellen in den Dörfern erheblich höher sind als in den Supermärkten.

Ein Gutachten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung stellt bereits 1997 fest, dass der damalige Regelsatz von 263 DM (134 Euro) um 45 DM (23 Euro) zu niedrig war, um eine gesunde Ernährung zu gewährleisten.