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Nazi-Terrorserie: Die Gefahr wurde zu lange ignoriert

Von Jens Petermann, erschienen in Klar, Ausgabe 24,

Klar sprach mit Jens Petermann, stellvertretendes Mitglied im Untersuchungsausschuss »Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund«, über Versäumnisse der Behörden bei der Aufklärung des Nazi-Terrors.

Welche Fragen haben Sie an die staatlichen Institutionen in Hinblick auf die Mordserie?

Wir müssen herausfinden, an welcher Stelle das Versagen der Behörden ungewollt, also dilettantisch, und an welcher Stelle es vielleicht sogar gewollt oder strukturbedingt war. Es gibt Hinweise darauf, dass in der Zusammenarbeit der Behörden schwere Fehler mit tödlichen Folgen passiert sind. Es wird auch um die Rolle der Politik dabei gehen. Ich frage mich auch, wo der Generalbundesanwalt war, der bei Anzeichen für terroristische Gewalttaten die Strafverfolgung hätte aufnehmen müssen.

Welche Fehler hat die Politik in Sachen Rechtsterrorismus gemacht?

Viele Politiker sagen jetzt, da die Mordserie entdeckt wurde, das hätten sie nie für möglich gehalten. Die reale Gefahr wurde nicht wahrgenommen, sogar regelrecht verharmlost. Seitens der Politik gab es sogar Versuche, antifaschistisches Engagement zu kriminalisieren.

Sie vertreten die Region Südthüringen direkt im Bundestag. Wie groß ist dort das Problem des Rechtsextremismus?

In meinem Wahlkreis gibt es immer wieder Versuche der rechten Szene, Fuß zu fassen. Aber es gibt auch zivilgesellschaftlichen Widerstand. So konnte einem Nazi-Fußballverein in Hildburghausen das Handwerk dadurch gelegt werden, dass die Stadt keinen Platz zur Verfügung stellte und der Kreissportbund den Verein vom regulären Spielbetrieb ausschloss.

Abseits vom Untersuchungsausschuss, was muss in Sachen Rechtsextremismus in der Gesellschaft passieren?

Die herrschende Politik darf aus Fremdenfeindlichkeit ent-stehende Gefahren nicht verharmlosen. Der Untersuchungsausschuss soll die Morde an zehn Menschen aufklären. In der Bundesrepublik hat es aber seit 1990 über 150 Tote durch fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten gegeben. Initiativen gegen rechts müssen besser unterstützt werden, ideell und finanziell.

 

Jens Petermann ist rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE