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Linke Frauen: Couragiert und selbstbestimmt in die Zukunft

erschienen in Querblick, Ausgabe 2,

Ende Januar tagte das 2. Frauenplenum in Hannover

Frauen sind in der Öffentlichkeit viel sichtbarer als noch vor ein, zwei Jahrzehnten. Sie können Bundeskanzlerin werden oder Bundesstaatsanwältin, sie moderieren die Polit-Talk-Sendungen mit den höchsten Einschaltquoten. Frauen haben sich in Europa mehr Rechte erkämpft als jede Frauengeneration zuvor. Frauenbewegungen haben viel erreicht.

Zur Einmischung in die inneren und äußeren Angelegenheiten der Neuen Linken hatten Frauen aus WASG, Linkspartei, der Linksfraktion im deutschen Bundestag und Bewegungen am 27./28. Januar nach Hannover eingeladen. Es war bereits das zweite Frauenplenum seiner Art. Das erste hat im April vergangenen Jahres in Halle stattgefunden, das dritte wird am Tag vor der Partei-Neugründung, am 14. Juni 2007, in Berlin zusammenkommen.

Frauen sind nicht alle gleich, sie denken auch nicht gleich. Sie hatten auch in Hannover zum Teil erhebliche Meinungsverschiedenheiten, aber die Atmosphäre war solidarisch, fröhlich, offen. Es war unerheblich, woher eine Frau kommt, wo sie sich parteipolitisch beheimatet, welche Funktionen und Mandate sie wahrnimmt. Die Erfahrung der Basisaktivistin ist genauso wertvoll wie die der Gewerkschaftsfunktionärin oder die Erfahrung von Bundestags- oder Europaabgeordneten.

Mit den Frauen des Plenums diskutierten in Hannover u.a. die Autorin Doris Gercke, bekannt durch ihre Bella-Block-Krimis, die Lyrikerin Brigitte Struzyk, die stellvertretenden Parteivorsitzenden der polnischen laizistischen Partei Racja, Teresa Jakubowska, oder Imma Barbarossa von der italienischen Rifondazione Comunista, Teil des Regierungsbündnisses von Romano Prodi.

Wichtige Themen waren zum Beispiel die Auswirkungen von Niedriglöhnen und Hartz IV auf Frauen. Statistisch gesehen sind 80 Prozent der zu Armutslöhnen Beschäftigten Frauen. Sie haben Namen und Gesicht. Yana zum Beispiel ist Verkäuferin, faktisch arbeitet sie 50 Wochenstunden. ?Sie sagt: »Mein Lohn reicht gerade für Essen und Wohnen. Das kann doch nicht alles gewesen sein.«

Hartz IV bringt nicht zuletzt Frauen um ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld und berufliche Förderung, den sie sich selbst erarbeitet haben, unter ihnen Katrin, Verwaltungsangestellte, zurzeit erwerbslos. Sie bekommt nichts, weil ihr Mann etwas zu viel verdient. Sie sagt: »Ich fühle mich wie in die Besenkammer abgestellt.«  Frauen registrieren sehr aufmerksam, wie Gleichstellungsrechte schwinden. Die Große Koalition erklärt beträchtliche Gruppen der Bevölkerung zu »Überflüssigen«, unter ihnen besonders viele Frauen. Sie werden zurückgestuft auf prekäre Arbeitsverhältnisse, sie verarmen, geraten wieder in längst überwunden geglaubte Abhängigkeiten.

Trotzdem sind Frauen der Linken voll Zuversicht, diese Zustände und die Welt verändern zu können. Das unterstreichen sie in ihrer politischen Erklärung von Hannover mit dem Titel »Würde und Solidarität – Brot und Rosen. Ermutigen und selbst ermächtigen.« Denn überall verbreiten Frauen Hoffnung, so zum Beispiel in Belo Horizonte, der viertgrößten Stadt Brasiliens, in der es gelang, den Hunger zu besiegen, ebenso wie in Baden-Württemberg, wo Frauen mutig den Streik gegen die Verlängerung der Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst mit trugen. 
Christiane Reymann