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Keine Rendite mit der Miete

erschienen in Klar, Ausgabe 42,

Es ist 13 Uhr an einem sonnigen Samstag im Mai im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Menschen aus fast allen Bezirken der Hauptstadt strömen in ein Kiez-Café. Es sind Mieterinnen und Mieter der Deutsche Wohnen AG. Sie treffen sich, weil sie etwas verändern wollen. Hannes Strobel (35) ist Mitinitiator des Treffens und engagiert sich beim Bündnis Otto-Suhr-Siedlung & Umgebung – aus Solidarität, obwohl er nicht unmittelbar betroffen ist. Diese Siedlung wird von der Deutsche Wohnen AG als „Leuchtturmprojekt“ für Investoren bezeichnet.

Die Deutsche Wohnen AG ist der größte private Anbieter von Wohnungen in Berlin. Der Immobilienkonzern herrscht über rund 160.000 Wohnungen, ein Großteil befindet sich in der Hauptstadt. Die Aktie des Konzerns hat sich in den vergangenen acht Jahren mehr als verzehnfacht. Die Aktionäre kassierten im vergangenen Jahr Dividenden im Gesamtwert von rund 250 Millionen Euro – 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Investmentbank Morgan Stanley empfiehlt die Aktie zum Kauf, da der Mietspiegel in Berlin weiter drastisch steigen werde.

Bei der Versammlung berichten Mieterinnen und Mieter von unterschiedlichen Vorgehensweisen ihres Vermieters. Bei einer Mieterin fehlte im Winter über Wochen die Heizung. Einem anderen Mieter schimmeln die Wände zu, doch der Vermieter lässt mit der Reparatur auf sich warten. Anderen wurden umfangreiche Renovierungen angekündigt. Sie befürchten, dass die Wohnungen nach der Renovierung verkauft werden und der neue Eigentümer höhere Mieten verlangen wird. Wieder andere Mieter berichten, dass ihnen energetische Sanierungen angekündigt wurden, verbunden mit dem Hinweis auf die neue, viel höhere Miete.

Die Deutsche Wohnen AG steht stellvertretend für viele Aktiengesellschaften und Immobilienfonds in Deutschland. Sie alle kaufen Wohnungen im großen Stil, vertreiben die Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen und machen Reibach für ihre Aktionäre. Hannes Strobel freut sich über den regen Zuspruch aus ganz Berlin. „Die Deutsche Wohnen ist ja nur die Spitze des Eisbergs“, sagt er. „Wir wollen Mieterinnen und Mietern Mut machen und zeigen, dass man sich gemeinsam erfolgreich gegen solche Investoren wehren kann.“

Anfang Juni demonstrierten Hannes Strobel und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter vor der Geschäftszentrale der Deutsche Wohnen AG in Berlin-Charlottenburg, um ihrem Unmut und ihren Zukunftsängsten Luft zu verschaffen. Die Hoffnung auf ihren Vermieter haben viele von ihnen längst verloren. Deshalb fordern sie Unterstützung von der Politik: die Abschaffung des Gesetzes zur energetischen Modernisierung, eine Mietpreisbremse, die den Mietenanstieg tatsächlich stoppt, einen wirksamen Milieuschutz und die Überführung der Wohnungen der Deutsche Wohnen AG in die öffentliche Hand.