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Kamera Läuft

erschienen in Clara, Ausgabe 14,

Das YouTube-Angebot unserer Fraktion wird vielfältiger und schneller

»Kommen Sie bitte zum Schluss.« Die Vizepräsidentin des Bundestages bedeutet dem Redner, dass seine Redezeit abgelaufen ist. Der formuliert noch einen knackigen Schlusssatz, greift das Wasserglas vor sich und geht unter anhaltendem Beifall seiner Fraktion zurück an seinen Platz. Kaum dort angekommen, ruft die Frau, die von ihrem Sitz knapp einen halben Meter oberhalb des Rednerpults die Plenarsitzung unter der Reichstagskuppel leitet, bereits den nächsten Redner auf. Gerade in den Sitzungswochen zählt jede Sekunde - auch in der Onlineredaktion unserer Fraktion.

Auf den Computerbildschirmen der Onlineredakteure flimmert in den Sitzungswochen fast ununterbrochen der Kanal des Bundestagsfernsehens. Über ihre Kopfhörer verfolgen sie die Reden der Abgeordneten, zeichnen mit Videorecordern ihrer Computer die Debatte auf und schreiben wichtige Zitate einer gerade gehaltenen Rede ab, um sie um-gehend auf der Fraktionswebsite zu veröffentlichen.

So auch am 10. November 2009: Angela Merkel gibt endlich ihre Regierungserklärung zu Beginn der zweiten Amtszeit ab. Um 13.02 Uhr ruft der Tagungsleiter Oskar Lafontaine auf, der für DIE LINKE auf die Rede der Kanzlerin antwortet. In der Onlineredaktion wird die Videoaufzeichnung gestartet. Es folgt ein knapp zwanzigminütiges verbales Feuerwerk, gegen das sich die Abgeordneten der Regierungsparteien ohne Erfolg mit ohnmächtigen Pöbeleien zur wehren versuchen. »Diese Regierung ist eine falsche Regierung zur falschen Zeit«, schmettert Oskar Lafontaine der rechten Seite des Hauses zum Abschluss entgegen. DIE LINKE applaudiert, aber auch Abgeordnete von SPD und Grünen.

In der Onlineredaktion wird die Stopptaste gedrückt. Der Videomitschnitt muss schnell in eine Datei umgewandelt werden, die im Internet angesehen werden kann. In der Zwischenzeit werden Überschrift und Kernbotschaften der Rede formuliert. Eine halbe Stunde später ist das Video auf der Website und auf dem YouTube-Kanal der Fraktion abrufbar.

Am darauf folgenden Morgen haben sich bereits viertausend Nutzerinnen und Nutzer die Rede auf www.youtube.de/linksfraktion angesehen, sie kommentiert und bewertet. In wenigen Wochen werden es bereits mehrere Zehntausend sein. Und vielleicht holt das Video ja bald den Spitzenreiter auf unserem YouTube-Kanal ein - Gregor Gysis Rede vom 17. September 2008 »SPD bereitet nächsten Wahlbetrug vor« wurde innerhalb von vierzehn Monaten fast einhunderttausend Mal aufgerufen.

In Sachen politische Videos im Internet ist Deutschland nach wie vor ein Entwicklungsland. Eines aber ist klar: DIE LINKE gehört hier zu den Pionieren. Zeitgleich mit der Kanzlerin haben wir im Jahre 2006 unseren wöchentlichen Video-Podcast gestartet und als erste regelmäßig Videos von Bundestagsreden auf YouTube veröffentlicht. Die Nutzerinnen und Nutzer sind begeistert von der Möglichkeit, sich jederzeit die Reden ansehen zu können, aus denen »Tagesschau« und »heute« bislang gerade einmal einen Satz herausgerissen haben - wenn überhaupt. Das Echo auf unsere Sommerinterviews in diesem Jahr war so positiv, dass wir sie jetzt als monatliche Interviewreihe fortführen werden. Damit sich alle Interessierten noch besser ein Bild von uns machen können, werden wir künftig die Kameras noch gezielter laufen lassen.