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Ihr gutes Recht

Von Halina Wawzyniak, erschienen in Clara, Ausgabe 38,

Halina Wawzyniak, Rechtsanwältin und Mitglied der Fraktion DIE LINKE, kommentiert für clara aktuelle Urteile. 

Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Tarifeinheitsgesetz abgelehnt

In einem Beschluss vom 6. Oktober 2015 (1 BvR 1588/15) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine einstweilige Anordnung gegen das Tarifeinheitsgesetz abgelehnt. Vor das BVerfG waren sogenannte Berufsgruppengewerkschaften, unter anderem die Ärztegewerkschaft Marburger Bund und die Pilotenvereinigung Cockpit, gezogen. Mit dem neuen Gesetz müssen Tarifverhandlungen bekanntgegeben werden. Alle konkurrierenden Gewerkschaften müssen gehört werden. Wenn ein Arbeitgeber einen Tarifvertrag für einen Betrieb schließen möchte, in dem die Beschäftigten in unterschiedlichen Gewerkschaften organisiert sind, kann eine Gewerkschaft beantragen, dass ein Arbeitsgericht den Kollisionsfall feststellt. Stellt das Gericht einen solchen Kollisionsfall fest, gilt das Mehrheitsprinzip. Das bedeutet, es gilt der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft, die in dem jeweiligen Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die klagenden Berufsgruppengewerkschaften argumentierten, durch das Tarifeinheitsgesetz würden Arbeitgeber sich weigern, Tarifverhandlungen aufzunehmen, teilweise würde die Offenlegung der Mitgliedschaft in Branchengewerkschaften gefordert und ohne einstweilige Anordnung würden »kaum mehr korrigierbare organisations- und verbandspolitische Entscheidungen« zu treffen sein, die zu Mitgliederverlusten oder atypischen Vertragsabschlüssen führen würden. Obwohl die Verfassungsbeschwerden nicht offensichtlich unbegründet sind, hat das BVerfG eine einstweilige Anordnung abgelehnt. Es sei derzeit nicht feststellbar, dass bei Fortgeltung des Gesetzes bis zur eigentlichen Entscheidung die Nachteile so gravierend und schwer revidierbar seien, dass es unabdingbar wäre, das Gesetz außer Vollzug zu setzen. Dies würde nur in Betracht kommen, wenn den klagenden Berufsgruppengewerkschaften das Aushandeln von Tarifverträgen langfristig unmöglich gemacht werden würde und das Fortgelten des Gesetzes schon jetzt zu einer Mitgliederveränderung in dem Umfang führen würde, dass die Tariffähigkeit infrage gestellt werden würde. Da das Gericht eine Entscheidung bis Ende 2016 anstrebe, sei dies nicht gegeben.

Sozialrechtlicher Unterhaltsbedarf und Heimunterbringung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 7. Oktober 2015 (XII ZB 26/15) über den Unterhaltsanspruch von sozialhilfebedürftigen Eltern gegenüber ihren Kindern bei Unterbringung in einem Heim entschieden. Der BGH sieht einen Unterhaltsbedarf grundsätzlich durch die Unterbringung in einem Heim und die regelmäßig dort anfallenden Kosten als gedeckt an. Der angemessene Lebensbedarf von Eltern richte sich nach deren konkreter Lebenssituation. Wenn Eltern im Alter sozialhilfebedürftig werden, beschränkt sich der angemessene Lebensbedarf auf das Existenzminimum und damit auf eine einfache und kostengünstige Heimunterbringung. Selbst wenn das Kind in besseren Verhältnissen lebt, hat dies auf den Unterhaltsbedarf der Eltern keinen Einfluss.

Keine Vergütung für ambulanten Pflegedienst bei nicht vertraglich vereinbarter Qualifikation

Im Rahmen eines Urteils vom 8. Oktober 2015 (III ZR 93/15) urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) zum Vergütungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes aus einem Vertrag über ambulante Pflegeleistungen. Er entschied, dass kein Vergütungsanspruch besteht, "soweit die eingesetzten Pflegekräfte nicht über die in dem Pflegevertrag vorausgesetzte Qualifikation verfügten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden." Dies gilt zumindest dann, wenn die Leistungen nach Sozialrecht abgerechnet werden.