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Ihr gutes Recht

Von Wolfgang Neskovic, erschienen in Clara, Ausgabe 24,

Wolfgang Nešković, Justiziar der Fraktion DIE LINKE und Richter am Bundesgerichtshof a. D., kommentiert in jeder Ausgabe von clara aktuelle Urteile

Der Schutz der Familie ist auch in Bayern nicht auf Deutsche beschränkt.

Das Bayerische Erziehungsgeldgesetz, das Nicht-EU-Bürger von der Gewährung des Landeserziehungsgeldes ausschließt, verstößt gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Das musste das Bundesverfassungsgericht am 7. Februar 2012 (1 BvL 14/07) klarstellen, nachdem zuvor der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Ausschlussregelung für mit der bayerischen Verfassung vereinbar erklärt hatte. Das Anliegen des Gesetzgebers, Eltern die persönliche Betreuung des Kindes zu ermöglichen und dadurch die frühkindliche Entwicklung zu fördern, komme bei Ausländern und ihren Kindern auf gleiche Weise zum Tragen wie bei Deutschen.

Verkehrssicherungspflichten der Bahn

Auch nach der Privatisierung der Bahn und der Aufspaltung in Fahrbetrieb und Infrastruktur hat ein Eisenbahnverkehrsunternehmen Bahnhöfe und Bahnsteige, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, verkehrssicher bereitzustellen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht haftet das Eisenbahnverkehrsunternehmen. Dabei hat es auch das Verschulden des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, das die Bahnanlagen bereitstellt, zu vertreten. Das hat der Bundesgerichtshof am 17. Januar 2012 (X ZR 59/11) entschieden. Stürzt beispielsweise ein Fahrgast, weil das Eisenbahninfrastrukturunternehmen den Bahnhof nicht gestreut hat, so kann er sich an das Eisenbahnverkehrsunternehmen wenden, bei dem er seinen Fahrschein gekauft hat.

Diskriminierende Altersstaffelung der Urlaubsdauer
§ 26 Abs. 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) sieht vor, dass der Urlaubsanspruch bis zum 30. Lebensjahr 26, bis zum 40. Lebensjahr 29 und nach dem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage beträgt. Das Bundesarbeitsgericht hat am 20. März 2012 (9 AZR 529/10) entschieden, dass diese Unterscheidung gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters verstößt. Sie verfolge nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Ein solches Bedürfnis bereits ab dem 30. beziehungsweise 40. Lebensjahr ließe sich auch kaum begründen. Die Urlaubsdauer der diskriminierten Beschäftigten müsse angepasst werden, so dass auch ihr Urlaubsanspruch 30 Arbeitstage betrage. Dem sind die Tarifparteien jedoch nicht gefolgt. Der neu ausgehandelte TVöD dehnt die 30-Tage-Urlaubsregelung nicht auf alle Beschäftigten aus. Vielmehr erhalten alle unter 55-Jährigen 29 Tage Urlaub und die über 55-Jährigen 30 Tage. Für die Jahrgänge 1958 bis 1972 gilt eine Bestandsschutzregelung: Sie erhalten weiterhin 30 Tage Urlaub, sofern das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember 2011 bestand.

Mietminderung wegen Touristenlärm

Wenn durch die Vermietung von Ferienwohnungen Beeinträchtigungen entstehen, die über die in einem Mehrfamilienhaus auftretenden Beeinträchtigungen wie gelegentliches Feiern hinausgehen, kommt eine Mietminderung in Betracht. Ein Protokoll über die Beeinträchtigungen müssen die Mieter nicht vorlegen. Es genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, nächtliches Klingeln, Lärm durch Putzkolonnen etc.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 – VIII ZR 155/11).