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Geheime Akten, Landgrabbing, Gentechnik

erschienen in Clara, Ausgabe 35,

Woche für Woche fühlt die Fraktion DIE LINKE der Bundesregierung mit parlamentarischen Anfragen auf den Zahn. Was die Regierung gern verheimlicht, kommt so ans Licht. Das ist wichtig für Betroffene und Öffentlichkeit. Nicht selten sind diese Anfragen auch für Journalistinnen und Journalisten der Stoff, aus dem sie ihre Artikel weben. So auch bei den folgenden Anfragen. 

Mehr als 18 Monate nach dem Ende des NSU-Untersuchungsausschusses hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) einräumen müssen, dass während der Ermittlungen zu den Verbrechen des NSU plötzlich fast 1.000 Seiten mit Berichten des Spitzels "Tarif" aufgetaucht sind. Immer wieder hatte DIE LINKE im Bundestag mit Kleinen Anfragen nach genau diesen angeblich geschredderten Berichten gefragt. Das BfV behauptet bis heute, die Führungsakte des V-Manns sei nur wenige Tage nach der Selbstenttarnung des mutmaßlichen NSU-Kerntrios im Bundesamt für Verfassungsschutz vernichtet worden. Die Umstände und Gründe dieser Beweiszerstörung sind bislang völlig offen. Doch es gab Indizien, dass Berichte des V-Manns immer noch existieren, und DIE LINKE hakte immer wieder nach. In den Aktenbeständen des Bundesamts für Verfassungsschutz wurden jetzt, so bestätigte Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU), die Meldungen des Spitzels gefunden. Der langjährige Neonaziaktivist, der in den 1990er Jahren in Thüringen aktiv war und eines der militantesten Neonazimagazine herausgab, hatte im Jahr 2013 in einem Spiegel-Interview behauptet, er habe seinen V-Mann-Führer bereits kurz nach dem Abtauchen des NSU-Kerntrios darüber informiert, dass er gebeten worden sei, das Trio unterzubringen. Das BfV habe damals die Möglichkeit verstreichen lassen, das Trio zu schnappen, und hat den Ermittlern ebenso wie dem Bundestags-Untersuchungsausschuss die vorhandenen Akten vorenthalten. Martina Renner, Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE und Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss nennt das in der Frankfurter Rundschau einen Skandal: "Die Informationen über den bis auf die europäische Ebene gut vernetzten Thüringer Neonazi, der das Kerntrio gekannt haben dürfte, hätten nicht nur den Untersuchungsausschüssen in Berlin und Thüringen zugestanden." Mehrere große Tageszeitungen, darunter auch die Berliner Zeitung, berichteten über den Eklat.   Großkonzerne kaufen Land in der Ukraine auf   Die Ukraine ist weltweit drittgrößter Mais- und fünftgrößter Weizenexporteur und galt mit ihrer besonders fruchtbaren schwarzen Erde als "Kornkammer" der Sowjetunion, zu der sie bis 1991 gehörte. Eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE ergab nun, dass schon die Hälfte der ertragreichen Agrarfläche in der Ukraine von Großkonzernen bewirtschaftet wird und dies massiv von der Europäischen Union (EU) gefördert wird. So wurden ukrainische Agrarkonzerne im Jahr 2014 mit Krediten im Umfang von 131 Millionen Euro unterstützt. Im Jahr 2013 waren es erst 45 Millionen Euro. Auch internationale Konzerne erhalten EU-Unterstützung beim Aufkauf der Flächen. Bei diesen stieg die Summe gleichzeitig von 122 Millionen auf 186 Millionen Euro. Diese massive Umverteilung bezeichnet Niema Movassat, Sprecher für Welternährung der Fraktion DIE LINKE, in der Frankfurter Rundschau als "Landgrabbing" und sagt: "Die Landkäufe zerstören die Existenz von kleinbäuerlichen Strukturen und nutzen nur den Agrarmultis, die vor allem für den Export produzieren." Das Bundeslandwirtschaftsministerium bestätigte auf Nachfrage außerdem, dass auch deutsche Agrar-Multis von den öffentlichen Finanzierungen profitieren.   Bei Genprodukten bleibt weiter alles offen    Seit Jahren wird in Brüssel darum gerungen, als einzelner EU-Staat Gentechnik im eigenen Land verbieten zu dürfen, obwohl die EU-Gesetze teilweise den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erlauben. Jetzt ist die entsprechende Gesetzesänderung, die das nationale Verbot erlaubt, auf der Zielgeraden. Die Bundesregierung lässt sich trotzdem nicht in die Karten blicken, ob und in welchen Fällen sie diese Möglichkeit eines nationalen Anbauverbots nutzen wird und ob es eine bundeseinheitliche Regelung geben wird – das ergab eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. Die agrarpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Kirsten Tackmann, sagt dazu: "Ob die Bundesregierung ein nationales Gentechnik-Anbauverbot ausspricht, lässt sie weiter offen. Auf die Anfrage antwortete sie größtenteils ausweichend. Statt sich klar zu positionieren, eiert sie mit Prüfaufträgen rum." Darüber hinaus macht die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage deutlich, dass sie in Betracht zieht, in Brüssel zukünftig selbst dann für die Zulassung neuer Gentech-Pflanzen zu stimmen, wenn sie diese in Deutschland verbieten will. "Das ist absurd! Wenn die Pflanze gefährlich für Agrarbetriebe zwischen Rügen und Bodensee ist, dann gefährdet sie auch die Landwirtschaft zwischen Tirol und Sizilien. Mit diesem Verhalten beschleunigt die Bundesregierung den Zulassungsprozess und gefährdet die gentechnikfreie Agrarwirtschaft und Imkerei in Europa", so Tackmann.   Die Regierung ist unvorbereitet   Eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur PKW-Maut ergab, dass die Bundesregierung weitgehend unvorbereitet auf die geplante Einführung im Jahr 2016 ist. Die vorliegende Antwort zeigt, dass sich das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bislang offensichtlich noch keinerlei Gedanken über die technische Realisierung des CSU-Prestigeprojekts gemacht hat – insbesondere, was die Scannertechnik betrifft, die zukünftig die Nummernschilder erkennen soll und eine hohe Fehlerquote aufweist. Ebenso sind die aufgeworfenen Fragen zum Datenschutz weiterhin unbeantwortet. Obwohl Minister Dobrindt "härtestmögliche Datenschutzregeln" versprochen hat, begebe man sich für die Sammelwut einmal mehr gänzlich in Abhängigkeit der privaten Dritten und möchte ihnen umfassende Datenschutzvorgaben nicht einmal per Gesetz machen, so Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. Er fordert: "Die Verankerung der Datenschutzvorgaben für die privaten Betreiber muss im Maut-Gesetz konkret erfolgen." Die bereits mit der LKW-Maut errichtete Überwachungsinfrastruktur sei datenschutzrechtlich schon ein Problem mit dem neuen Vorstoß der PKW-Maut solle diese noch ausgeweitet werden, so Korte. Nichts sei von vorne bis hinten konsequent durchdacht.    Planlose Studienplatzvergabe    Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka hat bei vielen Gelegenheiten erklärt, durch die Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung der Hochschulen sei die Nachfrage nach Studienplätzen gedeckt. Nun musste die Bundesregierung auf Anfrage der Fraktion DIE LINKE eingestehen, dass sie keine Informationen über die Nachfrage nach Studienplätzen besitzt, weder über die Höhe insgesamt noch über die Verteilung auf die einzelnen Studienfächer. Die Abgeordnete Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, meint dazu: "Bevor Frau Wanka großspurig überall erzählt, es sei ein gemäß der Nachfrage ausreichendes Studienangebot vorhanden, sollte sie sich erst mal über den Stand der Dinge informieren. Stattdessen versteckt sich die Regierung hinter dem regelmäßig jeden Oktober auftretenden Bewerbungschaos an den Hochschulen. Auch wenn derzeit von 15.000 noch unbesetzten Studienplätzen in Zulassungsbeschränkten Studiengängen die Rede ist, weiß derzeit niemand, wie viele Bewerber noch ohne Studienplatz dastehen." Das Chaos sei vermeidbar und Transparenz leicht herstellbar mit der Stärkung einer zentralen Studienplatzvergabe in besonders nachgefragten Studiengängen, so Gohlke.