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Gastkolumne

erschienen in Clara, Ausgabe 46,

Dieses Zitat aus der Charta der Menschenrechte stellt die italienische Stadt Sant’Anna di Stazzema seinem antifaschistischen Bürgerregister voran. Sich dort eintragen kann weltweit jede und jeder, sagt der Bürgermeister, Maurizio Verona.

Sant’Anna di Stazzema ist ein Ort, der zum Opfer der Ideologien und der faschistischen Regime des 20. Jahrhunderts wurde. Innerhalb von nur wenigen Stunden wurden am 12. August 1944 insgesamt 560 Frauen, Kinder und ältere Einwohner von SS-Leuten, dabei unterstützt von italienischen Faschisten, ermordet. Es war – wie Historiker mit dem Blick zurück sagen – ein »Krieg gegen die Zivilbevölkerung«. Zur Erinnerung an das Massaker und als Begegnungsort für Frieden und Abrüstung heute entstand in Sant’Anna di Stazzema ein nationaler Friedenspark, der Parco Nazionale della Pace. Aus den leidvollen Ruinen der Vergangenheit soll eine Politik des Friedens und der Aufklärung entstehen, sollen Austausch und Dialog gefördert werden. So steht es im Gesetz – verabschiedet vom italienischen Parlament am 11. Dezember 2000 – zur Errichtung des Friedensparks. Sant’Anna di Stazzema wurde schon im Zweiten Weltkrieg zur Zufluchtsstätte für Menschen aus anderen Gemeinden Italiens.

Dieses Vermächtnis habe ich angenommen und gründete deshalb eine virtuelle Stadt. In dieser Stadt können sich alle online anmelden, die sich gegen den Faschismus engagieren wollen: unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Religion, sexuellen Orientierung und ihrem Alter. Wir fürchten uns weniger vor einer Rückkehr des Faschismus im Gewand schwarzer Hemden, wir sehen aber mit Sorge, wie leichtfertig viele auf alte Symbole und deren Inhalte zurückgreifen. Unser antifaschistisches Register ist ein Zusammenschluss von Menschen, eine Gemeinschaft – einerseits virtuell und zugleich doch auch real. Eine Gemeinschaft, die sich als Wertegemeinschaft versteht. Wer sich bei uns einträgt, entscheidet sich für die Prinzipien, die wir in der Charta von Stazzema festgeschrieben haben. Für aktives Handeln und für den öffentlichen Diskurs über Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und eine Willkommenskultur. Sich in das antifaschistische Register einzutragen bedeutet auch, »für etwas zu sein«. Für eine Welt ohne Kriege, ohne Terror, ohne Unterdrückung, für eine bessere Zukunft, einen nachhaltigen Fortschritt, für Schönheit und Zivilisation, gepaart mit dem Vertrauen in die Menschen und ihre Vernunft.

Sant’Anna di Stazzema ist antifaschistisch, denn Faschismus bedeutet Totalitarismus und Autoritarismus. Wir bitten alle Bürgerinnen und Bürger, unsere Idee weiterzutragen, damit sich auch andere anschließen. Denn unser Wunsch ist es, die größte Gemeinde der Welt zu werden. Seit Ende Dezember 2017 bis Anfang 2018 haben sich bereits fast 3.900 Menschen – auch außerhalb Italiens – angemeldet, darunter viele aus Deutschland. Darum ist unsere Webseite auch in deutscher Sprache abrufbar. Diese enorme Zustimmung bestätigt uns, dass wir nicht die Einzigen sind, die Frieden und nie wieder Krieg wollen.

Maurizio Verona ist Bürgermeister von Stazzema und Initiator dieser weltweit bislang einzigen virtuellen antifaschistischen Gemeinschaft.

Übersetzung: Paola Giaculli

Mehr unter: https://anagrafeantifascista.it