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Frauen und Kinder zuerst

erschienen in Querblick, Ausgabe 15,

Die Sparmaßnahmen der Bundesregierung treffen die am meisten, die des besonderen Schutzes der Politik bedürfen. Jetzt ist es offiziell. Die Verursacher der Finanzkrise werden nicht zur Kasse gebeten. Stattdessen will sich die Bundesregierung das Geld bei denjenigen holen, die sowieso schon zu wenig zum Leben haben.

Bis 2014 will die Bundesregierung mehr als 80 Milliarden Euro sparen, allein im Jahr 2011 werden es 11 Milliarden Euro sein, 2012 schon 19,1 Milliarden Euro und 2013 24,7 Milliarden Euro. Leistungen für Erwerbslose werden gekürzt, Menschen, die ALG II beziehen, werden das Elterngeld und die Beiträge zur Rentenversicherung gestrichen, für 800 000 von den Sparmaßnahmen Betroffene entfällt der Heizkostenzuschuss. 15 000 Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst werden vernichtet. Und außerdem drohen auch anderen Arbeitnehmerinnen und -nehmern Gehaltskürzungen.

Dieses gigantische Umverteilungsprogramm von unten nach oben vergrößert nicht nur die Kluft zwischen Arm und Reich. Es verfestigt auch die bestehenden Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen und fügt neue Ungerechtigkeiten hinzu. Deutlich wird dies am Elterngeld. Das soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig für Hartz-IV-Empfängerinnen gestrichen werden. Dagegen wird bei Eltern mit einem Nettoeinkommen von über 2.770 Euro gar nicht gekürzt. Laut Ministerin Kristina Schröder ginge das nicht, da sonst die Väter getroffen würden und keine Vätermonate mehr nehmen würden. Das klingt, als sei das Elterngeld von vornherein dafür gedacht, dass Männer dafür bezahlt werden sollen, wenn sie vorübergehend die Arbeit ruhen lassen, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Frauen hingegen werden mit den geplanten Regelungen bestraft. Sie finden künftig noch schlechter eine Arbeit, weil die Regierung, die das Elterngeld für die Ärmsten in diesem Land streichen will, gleichzeitig den Bau von Kindertagesstätten verschleppt.

Die Bundeskanzlerin behauptet, dass mit den Kürzungen beim Elterngeld »Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, verbessert werden«. Wenn sie weiß, dass Mütter – besonders alleinerziehende Mütter – wegen fehlender Kinderbetreuung oft gar keine Arbeit aufnehmen können, ist dies ein zynischer Satz. Weiß sie es nicht, ist er dumm.

In einem anderen Zusammenhang hat Angela Merkel beklagt: »Gerade im Bereich der alleinerziehenden Mütter ist es ein eigentlich nicht hinzunehmender Zustand, dass heute so viele gerne arbeiten würden, aber es nicht können, weil die Kinderbetreuungseinrichtungen dafür

nicht vorhanden sind.«

Und nun bittet sie mit den Sparvorhaben der schwarz-gelben Regierung gerade diese Menschen zur Kasse. Langzeitarbeitlosen Müttern und Geringverdienerinnen, die ihr noch niedrigeres Elterngeld aufstocken müssen, werden zukünftig die 300 Euro schmerzlich fehlen.

Das ist eine Politik der sozialen Kälte und die treibt das Land immer tiefer in die Krise.

Viele sagen: »Dafür wollen wir nicht zahlen!« DIE LINKE wird den Protest gegen diese Politik im Parlament laut und deutlich artikulieren, und sie wird jene unterstützen, die ihn auf die Straße tragen. Wir schlagen ein Bündnis der gesamten Opposition mit Gewerkschaften und Sozialverbänden zur Abwehr dieses Sozialabbaus vor.

 

Ingo Schäfer