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Flüchtlinge hinter Stacheldraht

Von Ulla Jelpke, erschienen in Klar, Ausgabe 39,

In Griechenland zeigen sich die fatalen Folgen des Deals zwischen der Europäischen Union und der Türkei besonders deutlich. Ulla Jelpke hat sich vor Ort umgesehen.

Anfang April habe ich mit einer Delegation des Innenausschusses zwei Lager für Geflüchtete in Griechenland besucht: den Hotspot Moria auf der Insel Lesbos und das inoffizielle Flüchtlingscamp bei Idomeni an der Grenze zu Mazedonien, das mittlerweile von Polizei und Militär geräumt wurde.   Moria gleicht einer Haftanstalt, umgeben von Stacheldraht. Die Schutzsuchenden – darunter viele Kinder und Jugendliche ohne Familie – werden dort registriert und notdürftig in Containerbauten untergebracht. Hilfsorganisationen kritisieren, dass Flüchtlinge in Moria entgegen europa- und völkerrechtlichen Grundsätzen inhaftiert werden. Die griechischen Behörden sind mit der Aufnahme der Geflüchteten und der Bearbeitung ihrer Asylanträge überfordert. Die versprochene Hilfe aus der Europäischen Union (EU) läuft nur schleppend an. Es fehlt an Personal, an Beratung und Strukturen. Stattdessen Fehlplanung pur: Neuerdings sollen Flüchtlinge den Asylantrag per Skype-Anruf stellen – dabei haben die meisten von ihnen gar keinen Zugang zu Computern und zum Internet.    In Idomeni war die Lage noch kritischer. Es mangelte an allem, an Strom, Essen und sanitären Einrichtungen. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen und andere freiwillige Helfer betreuten das Lager. Für die staatlichen Stellen existierte es offiziell gar nicht. Anfang April hielten sich dort rund 17.000 Flüchtlinge auf. Mehr als die Hälfte kam aus Syrien, unter ihnen waren viele Frauen und Kinder. Einige von ihnen haben Anspruch auf Familiennachzug nach Deutschland. Nur: Umsetzen können sie diesen Anspruch angesichts des Behördenchaos nicht.    In Idomeni und Moria wurde und wird die Grausamkeit der europäischen Abschottungspolitik sichtbar, die den Schutz von Grenzen über den Schutz von Menschen stellt.   Ulla Jelpke ist innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE