Zum Hauptinhalt springen

»Eine Beleidigung für Millionen Menschen«

erschienen in Klar, Ausgabe 20,

Was hat Sie in der Diskussion über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze am meisten geärgert?

Thomas Kallay: Über alles wurde palavert, nur nicht darüber, wozu die Politik durch das Bundesverfassungsgericht verpflichtet war: die transparente und nachvollziehbare Neuberechnung der Regelsätze für Erwachsene und Kinder, sodass Hartz-IV-Betroffene am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Von der Leyen (CDU), Schwesig (SPD) und Kuhn (Grüne) kümmern sich offenbar einen Scheißdreck um Grundgesetz und Verfassungsgericht.

Haben Sie damit gerechnet, dass die Regierung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts missachtet?

In meinen Albträumen: Ja. Aber bis zuletzt hatte ich gehofft, dass die Regierung zumindest das Grundgesetz und das höchste deutsche Gericht ernst nehmen würde.

Zwischenzeitlich schien es, als seien die Verhandlungen gescheitert.

Man hat der Bevölkerung von Anfang an ein schäbiges Theaterstück vorgespielt. Einzig und allein DIE LINKE hat immer wieder gefragt: »Wo sind die Zahlen, um die Regelsätze transparent und nachvollziehbar zu berechnen?« Ich bin überzeugt: DIE LINKE wurde von allen wichtigen Verhandlungen ausgeschlossen, um zu verhindern, dass sie dieses Schauspiel demaskiert.

Was empfinden Sie, wenn monatelang über mickrige fünf Euro gestritten wird?

Ich bin stinksauer. Das ist eine Beleidigung der Millionen Menschen, die aufgrund der falschen Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahrzehnte heute von Hartz IV leben müssen.

Was werden Sie nun tun?

Ich mache in jedem Fall weiter: Beim Jobcenter Werra-Meißner habe ich erneut Widerspruch gegen den aktuellen Regelsatz eingelegt und für meine Familie und mich 594 Euro pro Person zuzüglich Kosten der Unterkunft beantragt.