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Editorial

Von Sahra Wagenknecht, erschienen in Clara, Ausgabe 26,

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

am 14. November sind Millionen Menschen in Europa auf die Straße gegangen. In Spanien, Portugal und Griechenland fanden Generalstreiks statt, in vielen europäischen Großstädten gab es Demonstrationen. Die Proteste sind Notwehr gegen den Putsch der sogenannten Euro-Retter. Diese Euro-Rettung ist nämlich eine Bankenrettung. Die Kürzungspakte reißen die Wirtschaft in den Abgrund, die Staatsschulden steigen, statt zu sinken. Das erste Mal streikten nun Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichzeitig in mehreren Ländern, um Demokratie und Sozialstaat gegen die Diktatur der Finanzmärkte zu verteidigen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach, Deutschland werde stärker aus der Krise kommen. DIE LINKE fragt: Wer ist Deutschland? Gehören Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Rentnerinnen und Rentner nicht zu Deutschland? Sie müssen sinkende Reallöhne und Renten verkraften. Und was ist mit den Millionen Kindern oder Hartz-IV-Beziehenden, die in Deutschland in Armut leben? Immer mehr Menschen fürchten um ihre Existenz, aber die Reichen werden immer reicher: Das private Netto-Vermögen ist auf zehn Billionen Euro angestiegen, ein Vielfaches der Staatsverschuldung. Die Mehrheit der Bevölkerung verfügt jedoch über kein oder nur sehr geringes Vermögen. Die SPD nominiert indes mit Peer Steinbrück einen Kanzlerkandidaten, der Millionen Euro von der Finanzlobby kassierte und als Finanzminister mit der Abgeltungssteuer die Steuern für reiche Anleger erheblich senkte. DIE LINKE will das ändern. Wir kämpfen für die Millionärsteuer.

In der aktuellen Ausgabe von clara geht es im Schwerpunkt um Gerechtigkeit. "Explodierende Mieten, hohe Strompreise, steigende Gesundheitskosten – wenn der Staat sich zurückzieht, zahlt die Mehrheit für die Profite einer Minderheit", schreibt Christina Kaindl. Das Gefühl, dass es an allen Enden nicht reicht, treffe immer mehr Menschen. Aber sie stellt auch fest: "Diese Entwicklung ist Ergebnis politischer Entscheidungen – und kann entsprechend gestoppt und korrigiert werden." DIE LINKE hat Vorschläge gemacht, wie die Energiewende sozial gerecht gelingt und der Anspruch aller Menschen auf eine bezahlbare Wohnung eingelöst wird.

In der Diskussion über Altersarmut geht oft unter, dass die Höhe der Renten maßgeblich von der Lohnentwicklung abhängt. clara erläutert, weshalb ein Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde mehr als zwölf Milliarden Euro einbrächte: an zusätzlicher Einkommensteuer, an höheren Sozialversicherungsbeiträgen und eingesparten Sozialleistungen. Anhand der Aussagen eines Ex-Bankers zeigt clara, weshalb sich die Riester-Rente vor allem für Banken und Versicherungen lohnt, und präsentiert das Konzept einer solidarischen Rentenversicherung, wie es DIE LINKE fordert.

Zudem spricht clara mit dem Globalisierungskritiker Jean Ziegler über Spekulation mit Nahrungsmitteln und mit dem Autor Raul Zelik über politische Utopien. Der ehemalige Kanzlerberater Albrecht Müller argumentiert, weshalb Peer Steinbrück keine Alternative zu Angela Merkel ist, Gregor Gysi schildert in Fotos die Erlebnisse seiner Reise in die USA nach den Präsidentschaftswahlen, und in der Gastkolumne erläutert Christoph Butterwegge die Notwendigkeit einer neuen Sozial- und Rentenpolitik in Deutschland.

 

Sahra Wagenknecht ist 1. Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE