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Dies & Das

erschienen in Lotta, Ausgabe 8,

Die Regierung ist ahnungslos

Was weiß die Bundesregierung über die radikalen Abtreibungsgegner, die einmal jährlich in Berlin mit großen weißen Holzkreuzen zum sogenannten Marsch für das Leben auflaufen? Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, wollte das wissen. Sie stellte der Regierung 16 Fragen zu den Protestlern und ihren Methoden. Unter anderem: Werden Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und gynäkologische Praxen von Abtreibungsgegnern schikaniert? Werden Patientinnen vor Arztpraxen mit Fotos von Föten und verbal von AbtreibungsgegnerInnen bedroht? Die knappe Antwort der Bundesregierung: „Keine Informationen.“ Die Regierung wisse nichts über die rund 5000 Personen, die an dem Marsch teilnehmen, oder von Aktionen der radikalen „Lebensschützer“. Cornelia Möhring zu dieser Ahnungslosigkeit: „Die Bundesregierung setzt bei sexuellen und reproduktiven Rechten auf eine Vogel-Strauß-Taktik.“

 

Mutterschutz bringt keine Rentenpunkte

Wer mit 63 und 45 Versicherungsjahren als Frau abschlagsfrei in die Rente gehen möchte, hat möglicherweise Pech. Das erfuhr der Rentenexperte Matthias W. Birkwald von der Fraktion DIE LINKE auf seine schriftliche Anfrage bei der Bundesregierung. Es geht um die Anerkennung der sechswöchigen Mutterschutzzeit bei der Berechnung der abschlagsfreien Rente mit 63. Diese Zeiten würden nicht berücksichtigt, so die Verlautbarung. Mit der abschlagsfreien Rente ab 63 solle jahrzehntelange Beschäftigung belohnt werden. Der Mutterschutz sei beitragsfrei, könne deshalb nicht auf die 45-jährige Wartezeit angerechnet werden. Im Klartext bedeutet das für Frauen, keine Anerkennung von Erwerbsunterbrechungszeiten bei der Rente allein aufgrund von Geburten und des damit verbundenen Mutterschutzes. Aus Gleichbehandlungsgründen sei das ein Skandal, so Birkwald, denn Erwerbsunterbrechungszeiten von Männern aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Krankheit mit dem entsprechenden Bezug von Entgeltersatzleistungen würden anerkannt. Seine Forderung: „Schleunigst die Anerkennung des Mutterschutzes bei der abschlagsfreien Rente mit 45 Beitragsjahren zu regeln!“

 

Filmfrauen für Quote

Die Initiative Pro Quote Regie verlangt mehr Geld für Filmemacherinnen.

Ein Drittel der Filmhochschulabsolventen in Deutschland sind Frauen, Tendenz steigend. Gefördert werden sie jedoch kaum. So gingen im August 2012 die 4,5 Millionen Euro der Filmförderungsanstalt für 17 Kinofilme ausschließlich an Männer. Die Filmstiftung NRW förderte im selben Monat 30 Filme mit 5,4 Millionen Euro. Projekte, bei denen nur Männer Regie führten. Weitere Fakten: Statt 50 werden 15 Prozent der Regieaufträge für Spielfilme und Serien an Frauen vergeben. Nur ein Zehntel der 2013 vom Deutschen Filmförderfonds vergebenen 62,5 Millionen Euro ging an Regisseurinnen. Zahlen, veröffentlicht im Regie-Branchen-Magazin Black Box, die die schon lange „gefühlte“ Diskriminierung deutscher Filmemacherinnen, schwarz auf weiß belegen. Der von Regisseurinnen gegründete Verein Pro Quote Regie fordert jetzt eine paritätische Besetzung in Gremien und eine Frauenquote bei Förderentscheidungen. Pro Quote Regie zählt bereits 200 Mitglieder, darunter auch etliche männliche Filmkollegen.

 

Träume zählen Buchtipp

„Wie bin ich eigentlich hierhergekommen in diesen blauen Sessel unter der Reichstagskuppel? In meinem 69. Lebensjahr? Nach einem Berufsleben als Journalistin, das zwar von Politik geprägt war, aber immer Distanz zu Parteien hielt.“ Das fragte sich Luc Jochimsen, als sie 2005 mit der Fraktion DIE LINKE in den Bundestag einzog. Ihre Autobiografie, nebenbei ein Streifzug durch die alte BRD, schildert auch diesen Weg. „Träume zählen“, sagte ihr Vater. Was aus ihren wurde, notiert Luc Jochimsen kurzweilig und augenzwinkernd. Sie schildert in zahlreichen Episoden, wie sie mit Vorgesetzten Konflikte ausfocht, sich selbst treu und offen für andere Blickwinkel blieb. Sie spricht über ihren späten Weg in die Politik, die sie vor einem Jahr wieder verließ, sich aber auch dort ihre Unabhängigkeit bewahrte.

Die Verteidigung der Träume

Luc Jochimsen

Aufbau Verlag

400 Seiten, 22,95 Euro

 

Un/Sichtbar Lotta-Empfehlung

48 Frauen, 48 Überlebende von Brand- und Säureanschlägen, 48 erschütternde Schicksale aus Bangladesch, Indien, Kambodscha, Nepal, Pakistan und Uganda – anzuschauen und nachzulesen im Foto-Text-Band „In/Visible – Un/Sichtbar“. Gesucht und gefunden haben Ann-Christine Woehrl, Fotografin, und Laura Salm- Reifferscheidt, Journalistin, diese fürs Leben gezeichneten Frauen. Es ist ein einfühlsames Album, in dem die Frauen nicht auf ihr Leid reduziert werden, sondern in ihrer Offenheit, Überlebenskraft und Lebensfreude porträtiert werden. Sensible, berührende Fotos, die den Gebrandmarkten ihr Gesicht zurückgeben. Eine Hommage an die Frauen, die in ihren Heimatländern kollektiv stigmatisiert werden, die sich aber mit unglaublicher Kraft ins Leben zurückgekämpft haben und ihr ganz besonderes Leben meistern.

 

In/Visible – Un/Sichtbar

Ann-Christine Woehrl Laura Salm-Reifferscheidt

212 S., 91 Fotos, 49,90 Euro

Edition Lammerhuber