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»Die Steuern für Vermögende müssen angehoben werden«

Von Gesine Lötzsch, erschienen in Clara, Ausgabe 41,

 

Die Steuereinnahmen sprudeln. Macht Sie das glücklich?

Gesine Lötzsch: Natürlich ist es gut, dass mehr Geld in die Staatskasse fließt. Es gibt einfach zu viele Dinge, die die Bundesregierung in den letzten Jahren liegen gelassen hat. Wir brauchen mehr Geld für Kindergärtnerinnen, Lehrer, Pflegepersonal und für Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser und den öffentlichen Nahverkehr. Das ist Konsens in der Gesellschaft. Nur die Bundesregierung weigert sich hartnäckig, sich diesem Konsens anzuschließen.

 

Warum will DIE LINKE Steuererhöhungen, wo doch die Staatskasse gerade überläuft?

Wenn ich mir die unterschiedlichen Quellen anschaue, aus denen die Steuereinnahmen sprudeln, dann bin ich ziemlich verärgert. Die Vermögenden werden weiter verschont. Die Erbschaftssteuer ist ein Witz. In jedem Jahr werden rund 200 Milliarden Euro vererbt, von denen nur ein lächerlicher Betrag versteuert wird. Auch auf Kapitalerträge werden weniger Steuern gezahlt als auf geleistete Arbeit. Und die Finanztransaktionssteuer, die uns die Bundesregierung nach der Finanzkrise versprochen hat, ist bis heute noch nicht eingeführt.

 

CDU, CSU und auch SPD denken über Steuersenkungen nach der Bundestagswahl nach …

Sie wollen angeblich alle die kleinen und mittleren Einkommen entlasten. Keiner sagt aber, wie diese Steuersenkungen gegenfinanziert werden sollen. Wir können nicht davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren weiterhin so hohe Überschüsse entstehen. Ich bin für die Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen. Allerdings müssen dann gleichzeitig die Steuern für die Vermögenden angehoben werden.

 

Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist sehr stolz auf seine schwarze Null. Ist dieser Stolz berechtigt?

Er erinnert mich an das Märchen Hans im Glück. Hans hält einen Goldklumpen in den Händen und weiß damit nichts anzufangen. Dem Finanzminister fliegt das Geld von selbst zu. Er muss gar nichts machen. Niedrige Zinsen, der niedrige Wechselkurs des Euro und das billige Öl stellen eine Traumkonstellation für ihn dar. Allein die niedrigen Zinsen ersparen ihm Milliarden Euro. Ich frage mich nur, warum der Finanzminister aus diesen guten Rahmenbedingungen nichts Vernünftiges gemacht hat. Mit Schäuble verbindet sich kein Zukunftsprogramm, keine gerechte Reform des Steuersystems, sondern nur eine schwarze Null. Das ist ein mageres Ergebnis.

 

Was bemängeln Sie konkret am aktuellen Haushaltsplan der Bundesregierung für das nächste Jahr?

Schäuble hat einen Nach-mir-die-Sintflut-Haushalt aufgestellt. Wir brauchen ein Integrationskonjunkturprogramm. Davon würden Geflüchtete genauso profitieren wie die Menschen, die schon immer in unserem Land leben.

 

Wären Sie Bundesfinanzministerin, welche Schwerpunkte würden Sie im Haushalt setzen?

Wir brauchen Steuergerechtigkeit und nicht neue Schulden. Bei den Ausgaben sind die Prioritäten falsch gesetzt. Die Bundeswehr braucht nicht mehr Geld. Denn mehr Sicherheit gibt es nur durch mehr Solidarität. Deshalb müssen die sozialen Sicherungssysteme gestärkt werden.