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„Die Politik muss mit der Finanzmafia brechen“

Von Sahra Wagenknecht, erschienen in Klar, Ausgabe 39,

Sahra Wagenknecht über die Scheinheiligkeit des deutschen Finanzministers, große Gefahren für die Demokratie und wirksame Maßnahmen gegen Steuerflucht

Was hat Sie bei den Enthüllungen der Panama Papers am meisten überrascht?   Sahra Wagenknecht: Dass Superreiche Briefkastenfirmen nutzen, um Steuern zu hinterziehen, hat mich nicht überrascht. Dass deutsche Banken Beihilfe dazu leisten, auch nicht. Erstaunt hat mich das Ausmaß der Scheinheiligkeit. Etwa wenn der Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun volle Transparenz fordert, nachdem er in der Europäischen Union verbissen gegen die Offenlegung der realen Eigentümer von Briefkastenfirmen gekämpft hat.    Nun hat er einen Zehn-Punkte-Plan angekündigt…   …der folgenlos bleiben wird, weil er an den wirklichen Problemen vorbeigeht. Statt mit dem Finger auf Panama zu zeigen, sollte er vor der eigenen Tür kehren.    Was sollte Deutschland im Kampf gegen Steuerhinterziehung unternehmen?   Wir brauchen saftige Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen. Banken, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, sollten ihre Lizenz verlieren. Konzerne sollten ihre Gewinne, Umsätze und Steuerzahlungen länderweise offenlegen. Briefkastenfirmen und andere Konstrukte, die der Verschleierung von Vermögen dienen, müssen verboten werden.    In welcher Größenordnung könnten so zusätzlich Steuern eingenommen werden?   Die Steuertricks der Reichen und Konzerne kosten uns jedes Jahr bis zu 100 Milliarden Euro. Dieses Geld brauchen wir dringend für sozialen Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit und menschenwürdige Pflege sowie für die Sanierung von Schulen oder Brücken.   Wie kann die Ohnmacht der Politik angesichts der Macht von Großbanken und multinationalen Konzernen überwunden werden?   Wenn das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung mehr besitzt als die restlichen 99 Prozent, ist die Demokratie in höchster Gefahr. Wir müssen daher Bündnisse schmieden zur Umverteilung des Reichtums und zur Stärkung der Demokratie. Mit Streiks, sozialen Kämpfen und an der Wahlurne müssen wir Druck machen für eine Politik, die mit der Finanzmafia bricht, statt ihr hörig zu sein.   Sahra Wagenknecht ist Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE