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Diagnose: Zwei-Klassen-Medizin

erschienen in Clara, Ausgabe 29,

Damit jeder Mensch medizinisch gut versorgt wird, braucht es die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung.

Wer krank wird, will eine gute medizinische Versorgung. Wie gut diese ist, hängt von der Art der Krankenversicherung ab: Gesetzlich Versicherte erhalten nicht mehr alle Leistungen, die sie benötigen. Zudem können sich viele kranke Menschen ihre Behandlung nicht mehr leisten. Rezepte werden wegen der Arzneimittel-Zuzahlung nicht eingelöst. Wer Krankengymnastik braucht, muss immer mehr selbst dafür zahlen. Zahnersatz kann heute ein Vermögen kosten.

Was Bürgerinnen und Bürger als Verschlechterung der Versorgung wahrnehmen, war von den letzten Bundesregierungen genau so gewollt. SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen ging es bei ihrer Gesundheitspolitik vor allem um eines: die Kosten für die Arbeitgeber niedrig zu halten.
Mittlerweile ist sogar durch Studien belegt, dass Kassenpatientinnen und -patienten im Schnitt dreimal länger auf einen Arzttermin warten müssen als Privatpatienten. Der Grund für die Schieflage: Weil bei Privatversicherten mehr abgerechnet werden kann, kommen sie eher dran. Bei den rund 8,8 Millionen Privatversicherten in Deutschland handelt es sich um einen exklusiven Club. Denn die Versicherungsunternehmen picken sich die Rosinen heraus: reich, jung und gesund. Der gesetzlichen Krankenversicherung gehen dadurch jedes Jahr Milliarden Euro verloren. Diese Ungerechtigkeit wird politisch nicht angetastet. Das ist kein Wunder, denn die privaten Krankenversicherungen haben eine starke Lobby und beste Kontakte zu den Regierungsparteien.

DIE LINKE will die Entsolidarisierung zurückdrehen. Daher fordert sie eine gerechte Verteilung der Kosten in der Gesundheitsversorgung in Form der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Jede und jeder entrichtet Beiträge nach den individuellen Möglichkeiten. Starke Schultern tragen mehr als schwache.

Eine solide Finanzgrundlage ist der Schlüssel für eine gute Versorgung. Das bedeutet die Rücknahme der Leistungskürzung unter anderem bei Brillen, Fahrtkosten und nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Das Gesundheitssystem muss den Menschen dienen und sämtliche medizinisch erforderlichen Leistungen bereitstellen. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Wohnort oder Einkommen soll die Gesundheit aller gefördert, sollen Gesundheitsrisiken bekämpft und Krankheiten geheilt werden. Alle Menschen sollen in ihrer Nähe eine hochwertige ambulante und stationäre medizinische und pflegerische Versorgung erhalten.

Die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung ermöglicht faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Insbesondere Frauen kommt das zugute, denn dort sind zu über 70 Prozent Frauen beschäftigt. Durch eine deutliche Leistungsanhebung in der Pflegeversicherung können pflegende Angehörige, falls gewünscht, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Das entlastet fast 1,2 Millionen Menschen, die zu Hause ausschließlich von ihren Angehörigen, meist von Frauen gepflegt werden.

Eine Vision? Die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung ist das wichtigste gesundheitspolitische Projekt der nächsten Jahre. Sie ist machbar, wenn die entsprechenden Mehrheiten im Bundestag geschaffen werden.