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Deutschland führt Krieg

erschienen in Klar, Ausgabe 6,

Deutschland ist wieder wer. Nicht nur in Europa, sondern in der Welt. Außen- und Militärpolitik sind erneut eine geschichtlich unheilvolle Symbiose eingegangen: Deutschland wird am Hindukusch verteidigt. Auf diesen einprägsamen wie falschen Begriff brachte Ex-Verteidigungsminister Struck (SPD) den Anspruch deutscher Außenpolitik. Zwar spricht er von Verteidigung. Aber die Grenzen dessen, was verteidigt werden soll, wurden vom Rhein an den Hindukusch verschoben. Deutschland agiert imperial, getarnt als Bereitschaft, im Namen von Demokratie und Menschenrechten weltweit Verantwortung zu übernehmen. Stark und fest in der Nato, bestimmend in der EU, will Deutschland Weltpolitik gestalten. Der Schulterschluss mit den USA besteht fort, aber Deutschland ist unter Schröder/Fischer selbstbewusster geworden: Statt Gefolgschaft zu den USA wird gleiche Augenhöhe angestrebt.

Der Zeitpunkt des grundlegenden Wechsels deutscher Außenpolitik ist genau zu bestimmen: die Teilnahme am völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien 1999. Auf Jugoslawien folgten Afghanistan und die Beihilfe zum Irak-Krieg. Schröder (SPD) und Fischer (Grüne) erfüllten posthum die Wunschträume von Franz Josef Strauß (CSU). Strauß litt immer daran, dass „Deutschland ökonomisch ein Riese, aber militärisch und politisch ein Zwerg“ sei. Diesen Widerspruch konnte Strauß nicht auflösen. -Schröder und Fischer konnten es. Unter ihrer Führung wurde Krieg zum Vater der Veränderung.
DIE LINKE will Deutschland nicht am Hindukusch verteidigen. Nur globale Gerechtigkeit bringt weltweite Sicherheit. Demokratie darf nicht zum Exportschlager verkommen, sondern muss endlich im eigenen Land und in Europa ausgebaut werden. Willy Brandt sagte: „Von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen.“ Es ist an der Zeit, zu diesem Grundsatz zurückzukehren.

Außenminister Steinmeier (SPD) hat recht, wenn er an der Außenpolitik die Unvereinbarkeit eines Regierungsbündnisses aus SPD, LINKE und Grünen festmacht: Die imperiale Ausrichtung der deutschen Außenpolitik ist unvereinbar mit der strategischen Konzeption der Fraktion DIE LINKE, die auf dem Völker-recht, globaler Gerechtigkeit, Abrüstung und Demokratie beruht. Für DIE LINKE scheidet Krieg als Mittel der Politik aus. Das unterscheidet sie grundsätzlich von den anderen Bundestagsparteien.

Offen bleibt die Frage, wie lange sich -Sozialdemokraten noch an eine Politik binden lassen, die nichts mit Brandt, aber viel mit Strauss zu tun hat.

Von Wolfgang Gehrcke