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Der schwierigste Sohn von Trier

erschienen in Klar, Ausgabe 44,

Karl Marx ist in Trier allgegenwärtig. Vor seinem 200. Geburtstag gibt es jedes erdenkliche Souvenir mit seinem Gesicht. Eine neue Ausstellung in seinem Geburtshaus ist ebenso angekündigt wie Ampeln mit einem grünen Karl Marx als »Go«-Symbol und einem roten zum Stehenbleiben. So halten auch die »kritischen« CDUler vor dem roten Marx inne. Dann ist da noch die Statue, die China der Stadt Trier schenkte. Ein Geschenk, das für Aufregung sowohl in den Stadtratsfraktionen als auch bei der Bevölkerung sorgte.

 

Marx verkauft sich prächtig; von der Tasche bis zum Groschenroman wird jedes Produkt mit ihm beworben. Inhalt ist dabei zweitrangig. Für die SPD gibt Marx den Grüßaugust, den man nach den Feierlichkeiten wieder einmotten kann. Der Trubel um den großen Sohn Marx hat einiges für sich. Im erzkatholischen Trier wird damit ein bedeutender Religionskritiker gefeiert. Niemand kommt an ihm vorbei. Schon im vergangenen Jahr fand ein Kongress an der Universität Trier statt. Ob die Universität zukünftig nach Triers bekanntestem Gelehrten benannt wird, bleibt fraglich. Kaum kündigt sich Gregor Gysi, ein Befürworter der Benennung, zum 5. Mai zu einem Vortrag an der Uni an, schaltet der Universitätspräsident auf Abwehr. Seine Befürchtung: Die Namensänderung wäre ein Standortnachteil. Vielleicht schaffen solche Debatten den Anreiz, wieder einmal Marx’ Schriften zu lesen.

DIE LINKE feiert das Jubiläum natürlich auch. Wir wollen eine Auseinandersetzung mit Marx’ Ideen. Er hat Grundstrukturen der Gesellschaft erklärt, und seine Analysen haben bis heute Gültigkeit.

Karl Marx formulierte einen Anspruch an die Gesellschaft: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.« Sein Gedanke, »… alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«, bleibt auch heute kein frommer Wunsch, sondern seine Aufforderung an uns.