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Das Rentenhoroskop

erschienen in Klar, Ausgabe 12,

Barbara Schossow (58) und ihre Tochter Daniela Oberhaus (32) haben viel gemeinsam: Sie arbeiten in gemeinnützi-gen Berufen und verdienen eigenes Geld. Doch während Frau Schossow gelassen dem Ruhestand entgegenblickt, vermeidet ihre Tochter jeden Gedanken an die Rente.

Ihr ganzes Leben hat Barbara Schossow als Krankenschwester gearbeitet, größtenteils Nachtschicht. Sie hat drei Kinder geboren und großgezogen. „Als man sich das noch leisten konnte“, sagt sie.

Dank Schichtzuschlägen hat sie ordentlich verdient. „Ich liebe meinen Beruf“, sagt sie. Doch weil der Stress wegen Personalmangels ständig zunimmt, arbeitet sie auf einer Zwei-Drittel-Stelle. Sie kann sich vorstellen, den Job in ein paar Jahren aufzugeben.
Dann bekäme sie zwar weniger Rente als die prognostizierten 1170 Euro, ihre Betriebsrente und die gute Rente ihres Mannes aber sichern den Ruhestand.

Auch Daniela Oberhaus hilft beruflich Menschen. Sie hat Friseurin gelernt und später Sozialarbeit studiert. Für ihre Arbeit in der Kindernothilfe wird sie aber nur als Erzieherin bezahlt. „Sonst hätte ich den Job nicht bekommen“, sagt sie. Seit der Geburt von Tochter Mara (1) arbeitet sie halbtags für 1000 Euro netto im Monat. Ihr Mann bekommt für Lehraufträge als Historiker noch weniger. Damit die kleine Familie über die Runden kommt, müssen manchmal die Eltern einspringen.

Über ihre künftige Rente sagt die 32-Jährige: „Da denkst Du besser nicht dran.“ Ihr Rentenbescheid hat die Aussage-kraft eines Horoskops. Ändert sich an ihrer beruflichen Situation bis 2043 nichts, erhält sie 1312 Euro, die sie zusätz-lich noch versteuern muss - unter der Voraussetzung, dass die Rente jedes Jahr um 1 Prozent steigt. Nicht berechnet ist die Preissteigerung - und die Tatsache, dass in den letzten vier Jahren die Rente im Durchschnitt um weniger als 0,5 Prozent gestiegen ist.

Möglicherweise erhält Daniela Oberhaus wieder eine volle Stelle, vielleicht wird sie sogar nach Qualifikation bezahlt. Oder sie wird arbeitslos und ihre Rentenansprüche sinken schlagartig: Pro Jahr Hartz IV gibt es nur 2,19 Euro Rente. Und geht sie früher als mit 67 Jahren in Rente, muss sie hohe Abschläge verkraften.

Nichts ist mehr sicher außer der Unsicherheit! Verantwortlich für die Situation von Daniela Oberhaus und vieler Men-schen ihrer Generation ist die Politik der Bundesregierungen Schröder (SPD) und Merkel (CDU).

Ursache 1 - falsche Wirtschaftspolitik: Lohnkürzungen, Massenarbeitslosigkeit und Armutslöhne durch Teilzeitjobs,
befristete Verträge und Leiharbeit führen zu sinkenden Renten. Nur wenn Löhne und Gehälter steigen, steigen auch die Renten.

Ursache 2 - Rentenkürzungen: SPD und Grüne haben die gesetzliche Rente zerschossen: Bis 2030 sinkt die Netto-rente um rund 25 Prozent. Auch die Rente erst mit 67 Jahren, von CDU/CSU und SPD durchgedrückt, ist eine Ren-tenkürzung.

Barbara Schossow wollte, dass es ihren drei Kindern einmal besser geht und hat ihnen allen beim Studium geholfen. Nun steht ihre Tochter Daniela schlechter da als sie. Die Rentenpolitik der Bundesregierung ist eine Katastrophe, da sind sich Mutter und Tochter wieder einig.