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Das Einknicken vor den Atomkonzernen

erschienen in Klar, Ausgabe 21,

SPD und Grüne sowie CDU/CSU und FDP haben den großen Atomkonzernen in den vergangenen Jahren zahlreiche Geschenke gemacht - ein kurzer Überblick

2001

SPD und Grüne schachern monatelang mit den Bossen der Energiekonzerne, um einen Ausstiegsplan aus der Atomkraft zu vereinbaren. Es geht um Restlaufzeiten, Sicherheitsrisiken und sehr viel Geld. Schließlich einigen sich alle auf einen Kompromiss: Für die Reaktoren wird eine Gesamtlaufzeit von 32 Jahren garantiert. Abhängig von seinem Alter erhält jeder Reaktor Restlaufzeiten. Die Betreiber erhalten das Recht, Restlaufzeiten der alten Atommeiler auf die neuen zu übertragen. Im Dezember 2001 beschließt der Bundestag ein neues Atomgesetz, das den Konzernen gestattet, weiterhin Jahr für Jahr Milliarden Euro auf Kosten von Mensch und Umwelt zu verdienen.

2005

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 weisen Experten auf die hohen Sicherheitsrisiken der deutschen Atomkraftwerke hin. Mangels Schutz gegen  Flugzeugabstürze und terroristische Attacken hätten viele Atomkraftwerke längst vom Netz genommen und die Sicherheitsbestimmungen verschärft werden müssen, fordern immer mehr Wissenschaftler und mahnen eine Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen an. Trotzdem weigern sich SPD und Grüne, die Sicherheitsstandards wesentlich zu erhöhen – zu stark ist der Widerstand der Betreiberfirmen, die die zusätzlichen Baukosten fürchten.

2011

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion macht Kanzlerin Merkel (CDU) im September den Bossen der vier größten Energiekonzerne ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können: RWE, E.on, EnBW und Vattenfall dürfen ihre alten Atomkraftwerke über den Atomkonsens von SPD und Grünen hinaus noch acht weitere Jahre betreiben, die neueren Reaktoren dürfen sie sogar zusätzlich 14 Jahre laufen lassen. Eine Goldgrube für die Konzerne: Sie rechnen mit zusätzlichen Profiten von bis zu 120 Milliarden Euro. Merkel (CDU) nennt den Atom-Deal eine »Revolution in der Energieversorgung«.

2010

Nach der Atomkatastrophe in Japan verkündet Merkel im März, die kurz zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung für drei Monate auszusetzen. Die ältesten sieben Atomkraftwerke werden per Anweisung vom Netz genommen. Die rechtliche Grundlage für diesen Schritt ist umstritten. Doch die Regierung verweigert sich einem Gesetz, das den Atomausstieg regelt. Prompt frieren die Energieunternehmen zugesicherte Zahlungen an einen Sonderfonds ein, der erneuerbare Energien fördern soll. Kurz darauf klagt der Konzern RWE gegen die Anweisung, den Reaktor Biblis A in Hessen abzuschalten, und fordert Schadensersatz.