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Das Billionengeschenk der Europäischen Zentralbank

Von Sahra Wagenknecht, erschienen in Klar, Ausgabe 24,

Sahra Wagenknecht im Interview über den Eine-Billion-Euro-Kredit der EZB an Banken

Innerhalb von nur zwei Monaten hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Banken eine Billion Euro zur Verfügung gestellt. Warum eigentlich?
Ohne die beispiellose Geldflutung der Banken durch die EZB wäre die Eurokrise eskaliert, denn alle bisherigen Aktionen von Merkel und Co haben nicht verhindert, dass Italien und Spanien für ihre Schulden immer höhere Zinsen zahlen mussten und so bald in die Pleite getrieben worden wären. Die Banken haben einen Teil der Billion an den itali-enischen und spanischen Staat weiterverliehen. Das ist für sie ein glänzendes Geschäft: Die Banken bekommen das Geld von der EZB fast zum Nulltarif, Italien und Spanien aber müssen etwa fünf Prozent Zinsen zahlen.
Wo kommt diese Billion eigentlich her?
Aus dem Nichts. Die EZB darf den Banken diese Beträge einfach auf den Konten gutschreiben, das ist ihr Privileg.
Wie viel Zinsen zahlen die Banken für diese Riesenkredite?
Für einen dreijährigen Kredit einen Zinssatz von zurzeit einem Prozent. Im Vergleich zu den hohen Zinsen, die ein normaler Kunde, ein Unternehmen oder die Staaten an die Banken zahlen müssen, ist das fast geschenkt. Dieses Vollpumpen der Banken mit billigem Geld ist eine gigantische Subventionierung der Kreditinstitute.
Was werden die Banken mit dem Geld anstellen?
Aufgrund der Wirtschaftskrise werden sie nur einen geringen Anteil davon an Unternehmen für Investitionen verleihen, was ja eigentlich das Kerngeschäft von Banken sein sollte. Stattdessen gehen sie mit dem Geld zocken und stecken es in Finanzpapiere. Der Deutsche Aktienindex DAX hat auf das billige Geld ja direkt mit einem Höhenflug reagiert. Es besteht die Gefahr, dass neue Preisblasen bei Anleihen, Immobilien oder Rohstoffen entstehen. Höhere Rohstoffpreise aber sorgen für höhere Energie- und Benzinpreise. So nimmt in diesem Bereich die Inflationsgefahr zu, ohne dass die Löhne steigen. Aus sozialer Sicht ist das verhängnisvoll.
Was ist die Alternative der Fraktion DIE LINKE?
Schluss mit der permanenten Bankenrettung! Die Gesellschaft darf nicht länger von den Finanzmärkten in Geiselhaft genommen werden. Deshalb fordern wir, dass die Staaten die Möglichkeit erhalten müssen, sich direkt Geld bei der EZB zu leihen. Dann wären die öffentlichen Haushalte von der Diktatur der Banken und Ratingagenturen befreit und ein harter Schuldenschnitt europaweit möglich. Ohne die Last der Altschulden und hohen Zinszahlungen lässt sich dann auch die öffentliche Neuverschuldung gravierend absenken. Zumal wenn auch noch die von uns. ebenfalls geforderte gerechte Steuerpolitik durchgesetzt wird. Dann bedarf es keiner rabiaten Sparprogramme mehr, um das Schuldenproblem zu lösen. Auch das Inflationsrisiko wäre bei einem solchen Weg deutlich niedriger als bei der heutigen Strategie. Außerdem muss es endlich eine Vergesellschaftung und strikte Regulierung der Finanzinstitute geben. Damit verbundene Kosten kann man sich über eine Vermögensabgabe bei den Nutznießern des heutigen Systems, den Millionären, holen.
Sahra Wagenknecht ist wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE