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Bundesregierung in der Krise

erschienen in Klar, Ausgabe 32,

Ein Rücktritt und viele Ungereimtheiten

 

 

Erst war es nur der Fall eines einzelnen Abgeordneten, jetzt ist es die erste große Krise der neuen Bundesregierung. Die Geschichte beginnt vor vier Jahren. Seit dem Jahr 2010 ermittelt die kanadische Polizei weltweit gegen einen Internetversand wegen des Verdachts auf Kinderpornografie. Im Oktober letzten Jahres informiert Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche seinen Chef, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, dass in diesem Zusammenhang der SPD-Bundestagsabgeordnete Edathy genannt wird. Mitten in den Koalitionsverhandlungen gibt Friedrich die brisante Information an SPD-Chef Sigmar Gabriel weiter. Der wiederum weiht Frank-Walter Steinmeier, den damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden und jetzigen Außenminister, ebenso ein wie dessen späteren Nachfolger als Fraktionschef, Thomas Oppermann.

Nachdem bekannt wird, dass Innenminister Friedrich geheime Informationen weitergetragen hat, muss dieser zurücktreten, auch auf Druck der oppositionellen LINKEN. Nur zwei Monate nach der Vereidigung im Bundestag steckt die Regierung in einem handfesten Skandal.

Die Fraktionen von Union und SPD inszenieren die Flucht nach vorn. Nach dem Ministerrücktritt, einer Aktuellen Stunde im Bundestag und einer nicht öffentlichen Sitzung des Innenausschusses erklären sie alle politisch relevanten Fragen für geklärt. In trauter Eintracht versuchen sie sogar, die Verstöße gegen rechtsstaatliches Handeln herunterzukochen.

Dabei ist weitere Aufklärung dringend erforderlich. Ob Sebastian Edathy wirklich nicht vorgewarnt wurde, muss angesichts der »großzügigen« Weitergabe von Geheimnissen hinterfragt werden. Mysteriös ist auch, wieso das Provinzblatt Die Harke in Wort und Bild von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen berichten konnte. Viele waren augenscheinlich eingeweiht, auf welchem Wege auch immer. Die Kanzlerin erfuhr, so sagt sie, von dem ganzen Vorgang zuerst aus der Zeitung. Eigenartig, denn der Mann, der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die Informationen zum Fall Edathy steckte, Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, ist seit Dezember Geheimdienst-Staatssekretär im Bundeskanzleramt.