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Betrug durch Riester-Rente

erschienen in Klar, Ausgabe 9,

Gelsenkirchen. Jürgen Bergen (39, ledig) sorgt sich um seine Rente. Früher hat er als Wachschützer gearbeitet, ein schlecht bezahlter Job. Heute bekommt er Hartz IV. Der Volksbank-Filialleiter in Herten schlägt ihm eine Riester-Rente vor. Bergen fragt nach: „Wird die Riester-Rente mit der Grundsicherung im Alter verrechnet?“ Der Banker antwortet: „Da kommen die nicht dran.“ EINE LÜGE! Jürgen Bergen glaubte es. Seitdem blecht er monatlich 16,90 Euro für eine Versicherungspolice, von der er voraussichtlich nie etwas haben wird.

Fast 11 Millionen Menschen haben seit 2001 eine Riester-Rente abgeschlossen, vielen geht es wie Jürgen Bergen. Sie haben sich von den Werbe-Slogans der Finanzdienstleister täuschen lassen. „Niedrige Beiträge, hohe staatliche Zuschüsse“, verheißen die Versicherungskonzerne und profitieren von der staatlichen Förderung. Auch Fernsehen und Presse, besonders die Bild-Zeitung, preisen die Riester-Rente.

ABER ACHTUNG: Ein Riester-Vertrag lohnt sich nur für Menschen, die immer gut verdient haben. „Ansonsten sparen Arbeitnehmer für ihre eigene Sozialhilfe“, erklärt Günter Roggenkamp, Personalratsvorsitzender der Deutschen Rentenversicherung Rheinland. Wer im Alter nur wenig Rente bekommt, erhält eine Grundsicherung im Alter (Hartz IV für Rentner): 347 Euro plus Miete und Heizung, im Durchschnitt rund 664 Euro. Ist die Rente geringer als dieser Betrag, stockt der Staat auf, die Riester-Rente wird verrechnet. Ein Durchschnittsverdiener muss heute 28 Jahre (2030: 34 Jahre) in die Rentenkasse einzahlen, um im Alter eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu beziehen.

Auch Ralf Herrmann aus Gelsenkirchen zahlt seit drei Jahren jeden Monat 10 Euro für seine Riester-Rente. Der arbeits-lose 46-Jährige: „Das Geld spare ich mir vom Mund ab.“ Den Riester-Vertrag hatte ihm die Sparkasse aufgeschwatzt. Über Risiken habe man ihn nicht informiert, klagt der gelernte Maler und Lackierer. Will er von der Riester-Police profitieren, müsste er bis zur Rente in einem gut bezahlten Job arbeiten. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt in Gelsenkirchen bei 19,6 Prozent.