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Bankenrettung gefährdet Sozialstaat und Demokratie in Europa

erschienen in Clara, Ausgabe 29,

Die europäische Bankenkrise stürzt ein Land nach dem anderen ins Chaos. Nun richten sich alle Blicke auf Slowenien.

Eigentlich sollte Zypern der letzte Krisenpatient sein. Man habe alles unter Kontrolle – solch einen Eindruck vermittelt die Europäische Union (EU) gern. Nun gibt es aber einen nächsten Patienten: Slowenien. Dabei galt Slowenien als Musterland der Eurozone. Die Wirtschaft wuchs jahrelang beständig, die Arbeitslosigkeit lag stabil unter dem Durchschnitt der EU.

Doch selbst im Musterland änderte sich die Situation schlagartig mit der Bankenkrise. In der Folge wurden slowenische Staatsanleihen auf Ramschniveau heruntergestuft, jetzt droht die Staatspleite.

Slowenien ist damit eigentlich auch ein Fall für den Eurorettungsschirm. Aber gerade weil die Erfahrungen mit den Bedingungen dieser Maßnahme sozial und ökonomisch so verheerend sind, versucht es die slowenische Regierung jetzt auf eigene Faust: Sie will ein eigenes Kürzungsprogramm in die Wege leiten. Aber die Rezepte sind ähnlich und heißen Mehrwertsteuererhöhung und Privatisierung.

Diese Maßnahmen gehen jedoch an den Ursachen der Krise vorbei. Sie lösen eine Rezessionsspirale aus, die die Krise verschärft und zu einem Anstieg der öffentlichen Verschuldung führt. Alle bisherige Erfahrung mit „Strukturanpassungsprogrammen“ besagt: Wer sich in eine Krise hineinspart, legt alles in Schutt und Asche. Vor diesem Hintergrund verwundert es dann auch nicht, dass weiter spekuliert wird, ob Slowenien sich trotz des eigenen Kürzungsprogramms am Ende nicht doch dem Diktat der Troika wird beugen müssen.

Die Bilanz der bisherigen Eurorettungsmaßnahmen ist verheerend. In Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern wird die Krise genutzt, um über den Hebel der Kreditkonditionen der Troika sozialstaatliche Leistungen abzubauen, den öffentlichen Sektor zu verkleinern, Löhne zu kürzen und umfassende Privatisierungsprogramme durchzusetzen.

Eine weitverbreitete Legende über die Eurorettungsmaßnahmen ist zudem, dass die Rettungsgelder der EU der Bevölkerung in den Krisenstaaten helfen würden. Das Gegenteil ist richtig: So sind beispielsweise von den für Athen bereitgestellten Hilfsgeldern in Höhe von 188 Milliarden Euro 183 Milliarden Euro direkt in die Bankenrettung geflossen.

Auch etwas anderes wird oft ausgeblendet: Die jeweiligen Staaten sind vor allem dadurch in die Krise geraten, weil sie durch die Rettung von Banken ihren Schuldenstand massiv nach oben getrieben haben.

Die Bankenrettung in Europa ist eine gigantische Umverteilungsaktion von unten nach oben. Bankaktien und Bankschuldverschreibungen werden in der Eurozone fast ausschließlich von den reichsten fünf Prozent der Haushalte gehalten. Durch die Bankenrettung werden daher die Superreichen in Europa massiv unterstützt, während Beschäftigte, Rentnerinnen und Rentner die Zeche für die Krise in Europa zahlen.

Doch die Bankenrettungspolitik der Bundesregierung, unterstützt von SPD und Grünen, treibt nicht nur Europa ins Elend und erhöht ständig die Haushaltsrisiken in Deutschland. Die Bankenrettungspolitik gefährdet auch massiv die Demokratie. In Vereinbarungen, genannt Memoranden, von der Troika und den jeweiligen Regierungen abgeschlossen, wird die Wirtschafts-, Sozial-, und Beschäftigungspolitik eines Landes bis ins Detail festgelegt. Dadurch werden den nationalen Parlamenten Entscheidungen vorgegeben, und das souveräne Handeln auch zukünftig gewählter Regierungen wird eingeschränkt. So wird die Bankenrettung nicht nur zu einem Angriff auf den Sozialstaat, sondern auch auf die Demokratie.