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Backanleitung für Kita-Erzieherinnen

erschienen in Querblick, Ausgabe 10,

Das Rezept ist ganz einfach: Man nimmt eine EU-Vorgabe, tut ein wenig Bundesgesetzgebung für den Basisteig hinzu und hofft, dass die Nebenköche aus den Bundesländern den Teig in den Backofen schieben. So ähnlich könnte man die Versuche der rot-grünen Regierung wohl umschreiben, die großen weißen Flecken in puncto Kinderbetreuung in den alten Bundesländern wenigstens kleiner zu machen. Nun – unter der schwarz-roten Großen Koalition – wird der Druck größer: Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit die schnelle Rückkehr von jungen Frauen und Männern auf den Arbeitsplatz nach der Geburt ihrer Kinder steht ganz oben auf der Tagesordnung.

Und so werden neue Gesetze, wie das Elterngeld, verabschiedet und weiterhin beteuert: Die Bundesregierung will mehr Betreuungsangebote: Jetzt (angeblich) für alle – dafür ein wenig später. Denn der Ausbau – oder besser Aufbau – geht schleppend voran. Nun gibt es seit einem Jahr zwar Finanzspritzen des Bundes an die Kommunen und Länder, aber bei einem Thema schläft die Bundesregierung weiterhin den Dornröschenschlaf der letzten Jahrzehnte: die qualifizierte Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in ausrechendem Maße.

DIE LINKE hat, wie auch die GEW als zuständige Gewerkschaft, bereits im vergangenen Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass für die geplanten 35 Prozent Betreuungsquote, die bis 2013 erreicht werden sollen, schlicht nicht genug Erzieherinnen und Erzieher da sind. 100?000 qualifizierte Betreuungskräfte werden bis dahin fortlaufend fehlen. Oder anders gesagt: Jährlich müssten 17?000 von ihnen neu eingestellt werden. Aus den Fachschulen kommen aber jährlich nur 7?000 Absolvent/innen. Macht für DIE LINKE ein Minus von 10000 Erzieherinnen und Erziehern – jährlich. Und dies ist nicht nur Oppositionspolemik: Auf Fachkongressen klagen leitende Pädagog/innen, dass in manchen Regionen der Arbeitsmarkt quasi leergefegt ist. Ein Klick auf die Suchmaschine der Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass es allein in den letzten zwei Novemberwochen 2008 Angebote für 332 Stellen unter dem Suchbegriff Kita-Erzieherin bzw. Erzieher gab.

Deutschland hat es schlicht verschlafen, die Zeichen auf Zukunft zu stellen, und die Bundesregierung gibt den Schnarchtakt vor. Sie sieht nämlich »keine Veranlassung, ihre Annahmen über die … notwendigen Fachkräfte zu korrigieren«. Da »im Jahr 2005 ca. 40?000 Personen arbeitslos gemeldet waren, die von ihren Voraussetzungen her in der Lage sind, in Kindertageseinrichtungen für Kinder zu arbeiten« (aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN, Drs.16/5821). Aber da kann die Bundesregierung ganz beruhigt weiterschlafen, denn es gilt ja: Grundsätzlich sind die Länder für die Aus- und Weiterbildung zuständig.

Also wieder ein Hin- und Herschieben der Zuständigkeiten, das am Ende die Kinder bezahlen.
Kurz: Der Bund bleibt beim alten Backrezept; beim Rühren ein wenig Geld untermischen und ohne Vorkosten den Kuchen in den Backofen schieben, diesen aus dem Feuer holen sollen die Länder. Auskosten dürfen es die Kinder und ihre Eltern, die vor Kitas ohne qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher stehen.
Diana Golze, MdB