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Aufstand der Anständigen

erschienen in Klar, Ausgabe 19,

Die Bevölkerung Baden-Württembergs wehrt sich gegen das Projekt Stuttgart 21

Seit Monaten bewegt ein Bahnhofsneubau die Republik. In Stuttgart demonstrieren wöchentlich Zehntausende gegen ein überteuertes und ökologisch widersinniges Großprojekt. Nach wie vor streuen Politiker gezielt falsche Informationen, um den Protest zu schwächen. Klar entlarvt einige ihrer Lügen und erklärt, worum es in Stuttgart wirklich geht.

„Stuttgart 21 ist alternativlos.“ DB-Chef  Rüdiger Grube

Wahr ist: Es gibt immer Alternativen, zum Beispiel einen kos-tengünstigeren Kopfbahnhof. Dass Kopfbahnhöfe auch im 21. Jahrhundert sehr gut funktionieren, beweisen die Bahnhöfe in München, Frankfurt am Main, Zürich, Paris und London.

„Demokratisch voll legitimiert.“ Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister, CDU

Tatsache ist: Im Jahr 2004 versprach Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster (CDU) einen Bürgerentscheid, sollten die Kosten des Projekts erheblich steigen. Als drei Jahre später über 67000 Stuttgarter per Unterschrift diesen Volksentscheid einforderten, hatte Schuster längst Tatsachen geschaffen und die S21-Verträge unterschrieben. Auch die Parlamentarier wurden getäuscht: Ihren Beschlüssen lagen zu niedrige Baukosten zugrunde, kritische Gutachten wurden ihnen verheimlicht.

„S21 bringt den Straßen- und Luftverkehr auf die Schiene und schont die Umwelt.“ Stefan Mappus, Ministerpräsident

Das Gegenteil ist richtig: S21 wird ein Nadelöhr, das die Verkehrskapazitäten begrenzt. S21 und die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm ist überhaupt nicht für Güterzüge ausgelegt. Der Bahnhofsneubau gefährdet zudem Mineralquellen und Grundwasser.

„Ohne dieses wichtige Verkehrsprojekt für Europa verlieren wir den Anschluss an die Zukunft.“ Angela Merkel, Bundeskanzlerin, CDU

Die Wirklichkeit ist: Schon längst bedienen europäische Hochgeschwindigkeitszüge aus allen Himmelsrichtungen den Stuttgarter Hauptbahnhof. Sie können nach nur vier Minuten Halt die Richtung wechseln und weiterfahren.

„Sonst verspielen wir die Grundlagen unseres Wohlstands.“ Guido Westerwelle, Vize-Kanzler, FDP

Richtig ist: S21 vernichtet öffentliches Vermögen, verschwendet das Geld der Steuerzahler und nützt nur wenigen Profiteuren, nämlich Grundstücksspekulanten, Baulöwen Immobilienfirmen. Viele dieser Profiteure spendeten Geld an die CDU. Einige der verantwortlichen Politiker, wie Ex-Ministerpräsident Lothar Späth (CDU), sitzen in Aufsichtsräten und Beiräten von Konzernen, die mit S21 Geld verdienen.

„Das schafft und sichert Arbeitsplätze.“ SPD-Fraktion Baden-Württemberg

Tatsache ist: Die Baukonzerne geben den Kostendruck an Scheinselbstständige und Subunternehmer weiter. Die Bahn erwartet 3900 osteuropäische Billigarbeiter und sucht bereits Standorte für Containerstädte. Das viele Geld, das für S21 vorgesehen ist, fehlt für die Sanierung von Bahnstrecken und Bahnhöfen in der Fläche.