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Aufbruch!

erschienen in Lotta, Ausgabe 13,

Rakete 2000 – Die Rakete unter den Lesebühnen

Vier Frauen – Mareike Barmeyer, Lea Streisand, Insa Kohler und Eva Jacobi – ergreifen das Wort, nehmen sich Raum. Zusammen bilden sie die Lesebühne Rakete 2000. Ein festes Ensemble bestehend aus bis zu sieben Autorinnen, das seit neun Jahren in Berlin-Neukölln alle zwei Wochen mit neuen Texten sich ihrem Publikum präsentiert. Für Frauen immer noch eine Besonderheit. „Warum sind bei euch eigentlich nur Frauen?“, wurde Eva Jacobi von einem Kollegen gefragt und gab die Gegenfrage zurück: „Keine Ahnung! Warum sind bei euch nur Männer?“ Das beachtliche Missverhältnis zwischen den Geschlechtern im Bereich Komik hat eine lange Tradition. Frauen sind die, die lachen, wenn Männer Witze machen. Sie sind das Publikum. Gerne wird auch über Frauen gelacht. Die ganze Welt sexistischer Witze steht hier offen. Wenn Frauen jedoch komisch werden, führt das zu großer Irritation. Denn auch Komik bedeutet Macht. Es bedeutet, eine Situation analytisch zu durchdringen und in ihr Gegenteil zu verkehren. Wer eine Person oder eine Begebenheit ins Komische verkehrt, setzt sich darüber hinweg. Frauen in Machtpositionen sind für viele immer noch eine komische Vorstellung. Aber die Rakete 2000 startet durch und wirbelt diese Vorstellungswelten kräftig auf. So inspirieren sie auch andere Frauen und öffnen ihnen im besten Sinne eine „Bühne“.

 Verein der in der DDR geschiedenen Frauen

Seit 1999 kämpfen die in der DDR geschiedenen Frauen für ihr Recht auf einen angemessenen Versorgungsausgleich. Der Einigungsvertrag von 1990 erkannte ihre Lebensleistung plötzlich nicht mehr an. Im DDR-Rentensystem wurden frauentypische Erwerbsbiografien berücksichtigt und Anwartschaften blieben auch bei familienbedingten Ausfallzeiten erhalten. Nach der Wende sollte das „alte Recht“ nicht mehr gelten, zugleich wurde der westdeutsche Versorgungsausgleich den in der DDR geschiedenen Frauen nicht zugestanden. Eine Ungerechtigkeit, die bis heute fortbesteht und für viele der Frauen schlicht Altersarmut bedeutet. Ihr Verein musste etliche Enttäuschungen vonseiten der politisch Verantwortlichen erleben. Jetzt besteht endlich Hoffnung. Der UN-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen hat nach sechs Jahren genauer Prüfung von Deutschland offiziell eine Wiedergutmachung gefordert und schlägt einen Ausgleichsfonds vor. Es ist auch höchste Zeit: Von ehemals 800 000 betroffenen Frauen leben heute schätzungsweise noch 250 000. Aber die Rentnerinnen kämpfen weiter. An ihrer Seite die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag: Im Juni 2017 forderte sie die Bundesregierung auf, den Ausgleichsfond für die Frauen endlich einzurichten und sie zu entschädigen.

Rotstrumpf

"Rewrite the system!“ steht auf der ersten Seite. Die Zeitschrift Rotstrumpf ist selbst Ausdruck davon. Sie ist Ergebnis einer Schreibwerkstatt von und für junge Frauen, die Die Linke.SDS und linksjugend ['solid] im Juli 2014 in Bochum ausrichteten. Die sie antreibenden Fragen: Warum beteiligen sich Frauen weniger an Publikationen, Kommentaren und Positionspapieren? Was hat das für Folgen? Und: Was tun, um diesen Zustand aufzumischen? „Einfach machen!“ war ein Ergebnis der Diskussion. Am besten gemeinsam, um so die – meist von Frauen angelernte Angst – in die eigenen Fachkenntnisse und vor öffentlicher Kritik leichter überwinden zu können. „Einfach gemacht“ haben die jungen Frauen dann ein Magazin, das sich sehen lassen konnte – mit Beiträgen zu Streiks und Sexarbeit, zu HipHop und einer feministischen Strategie in den eigenen Verbänden. Aber es muss auch grundsätzliche strukturelle Veränderungen geben. Denn Frauen halten sich auch deshalb beim Schreiben zurück, weil ihnen neben dem Job und der Care-Arbeit im privaten Umfeld schlichtweg die Zeit für diese Arbeit fehlt. Und so schlief dieses Projekt nach einer ersten Ausgabe leider ein. Was aber hindert uns Frauen, ein neues, ähnliches zu starten?

Women’s March in Lübeck

Überall leuchten pinke Mützen in den ersten Sonnenstrahlen des Lübecker Frühlings. Etwa 1 000 Menschen ziehen an diesem 11. März 2017 durch die Innenstadt, viele von ihnen tragen den „Pussyhat“, der sich als Zeichen gegen den Sexismus des neuen US-Präsidenten Trump und seinesgleichen etabliert hat. Er wurde zum Symbol einer erstarkenden, selbstbewussten Frauenbewegung. „Ich träume schon seit Jahren davon, die Frauenbewegung in Lübeck wieder aktiv zu machen“, sagt die Initiatorin der Demonstration, Katjana Zunft. Sie ist Mitglied der Partei DIE LINKE. Schleswig-Holstein und Mitarbeiterin eines Frauenhauses. „Es gibt viele aktive Arbeitskreise, aber am Ende bleibt jede Gruppe unter sich.“ Das sei jetzt anders. Als sie Ende Januar 2017 die Mobilisierung zum Global Women’s March sah, die Millionen Frauen, die einen Tag nach der Amtseinführung von Donald Trump auf allen Kontinenten auf die Straße gingen, entschied sie spontan, so etwas auch in Lübeck zu initiieren. Idee und Einladung verbreiteten sich über Facebook und E-Mail in rasender Geschwindigkeit. Viele Frauen aus lokalen Initiativen schlossen sich begeistert an. Die Linkspartei unterstützte mit Infrastruktur und Erfahrung. Ein Logo und Flyer entstanden, ebenso „ein Arbeitskreis über Parteigrenzen und Gesellschaftslinien hinaus, von jung bis alt, von konservativ bis links“. Auch Frauen, die sich bis dahin selbst als völlig unpolitisch bezeichnet hatten, kamen und halfen kräftig mit. Sechzig Bündnispartner*innen unterschrieben einen gemeinsamen Aufruf. Mit Energie, Witz, Selbstbewusstsein und in großer Vielfalt fand die Demonstration dann statt. Der Spielmannszug Freibeuter heizte ein, DJ Lizzie Liebe und Sängerin Sarah Marie feierten die Frauen. Kurze Reden wurden kurzerhand in die jeweilige Muttersprache übersetzt. „Ein voller Erfolg. Ein fröhlicher, bunter, kreativer Protest mit ernstem Hintergrund.“ Seither trifft sich das Organisationsteam regelmäßig und plant weitere Aktionen. Auch abseits davon ging es – angespornt von der guten Resonanz auf den Women’s March – mit feministischen Vorhaben weiter. Katjana Zunft kündigte gemeinsam mit anderen Aktiven an, das U-Boot vor einem Marine-Ehrenmal pink anstreichen zu wollen, um auf die Folgen der Kriegs- und Krisengeschäfte hinzuweisen. Damit kamen sie auf die Titelseiten der Landespresse und sie sorgten für Unruhe in der rechten und militärischen Szene. Das Boot strichen sie zwar nicht pink, aber ihr Ziel, Öffentlichkeit zu bekommen, hatten sie erreicht.

LandFrauen

Mit mehr als einer halben Million Mitglieder ist der Deutsche LandFrauenverband (dlv) der bundesweit größte Verband für Frauen. Unter dem Verbandsdach sind 22 Landesverbände mit rund 430 Kreis- und mehr als 12 000 Ortsvereinen. Seit fast 70 Jahren vertritt er die politischen Interessen aller Frauen in ländlichen Regionen und den Berufsstand der Bäuerinnen im Besonderen. Sein Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität und der Arbeitsbedingungen im ländlichen Raum – auch um gerade die Abwanderung junger Frauen zu stoppen. Das ist gelebte Frauenpolitik. So klären die eigens dafür ausgebildeten Equal Pay Beraterinnenandere Landfrauen zu den Themen Erwerbsunterbrechung, Teilzeitfalle oder Minijobfalle auf und beraten sie. Das ist ein wichtiger Beitrag, um weiblicher Einkommens- und Altersarmut vorzubeugen und etwas gegen die Entgeltlücke der Geschlechter von immer noch 21 Prozent zu unternehmen. Auch international engagieren sich die Landfrauen und kooperieren beispielsweise mit Landfrauen in Uganda und Ghana.  „Stimmgewaltig. Mitbestimmend. Mittendrin.“ – mit diesem Motto präsentiert sich der dlv seit April 2017 auf der Internationalen Gartenausstellung in Berlin. An den Aktionstagen können sich alle Landfrauen mit eigenen Ideen und Aktionen beteiligen, um sich mit ihren lokalen Anliegen und Herausforderungen als Landfrauen öffentlich Gehör zu verschaffen. „Wir sind Bürgerinnen und gestalten unsere Gesellschaft mit. Wir nutzen damit eine der schönsten und größten Möglichkeiten, die unsere Demokratie bereithält. Jedoch sind wir manchmal zu bescheiden, übernehmen Aufgaben ohne große Worte.“ Deshalb sei „stimmgewaltig“ ein wichtiger Teil ihres Mottos, sagt Brigitte Scherb, dlv-Präsidentin. Während der Aktionstage organisieren LandFrauen Begegnungen mit Bundestagskandidatinnen und -kandidaten, laden Gäste in landwirtschaftliche Betriebe ein, informieren über ehrenamtliches und kulturelles Engagement im ländlichen Raum und noch vieles mehr.

Mehr unter www.landfrauen.info

 

Ciocia Basia heißt Tante Barbara

Frauen haben schon immer bei ungewollten Schwangerschaften abgetrieben und sie werden es weiter tun. Egal wie rigide die Gesetzgebung im jeweiligen Land auch sein mag. Die Frage ist nur, welche Risiken und finanziellen Anstrengungen müssen sie auf sich nehmen, auf welche Unterstützungsnetzwerke können sie zurückgreifen, oder müssen sie alles allein aushalten und tragen – emotional und finanziell? Das Netzwerk Ciocia Basia berät, begleitet, unterstützt betroffene Frauen. Die Gruppe aus polnischen und deutschen Aktivistinnen hilft Frauen aus dem östlichen Nachbarland, sicher und möglichst geschützt vor strafrechtlicher Verfolgung ungewollte Schwangerschaften zu beenden. Die Netzwerkerinnen von Ciocia Basia – übersetzt Tante Barbara – bringen die schwangeren Frauen nach Deutschland, begleiten sie bei allen Terminen, bieten Übersetzung, Unterkunft und emotionale Betreuung. Sie sind da für die Frauen, die sich häufig an niemanden sonst mit ihrem Problem wenden können. Denn Polen hat nicht nur eines der schärfsten Abtreibungsgesetze in Europa, sondern der landesweit verankerte Katholizismus stigmatisiert Frauen besonders stark. Offene Beratung ist rar. Ciocia Basia bietet hier konkrete Hilfe und Hoffnung. Dafür erhielten sie in diesem Jahr auch den Clara-Zetkin-Preis, den die Fraktion DIE LINKE für herausragende Leistungen von Frauen verleiht. Ciocia Basia braucht die Solidarität und Unterstützung – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Dazu einfach ciocia. basia@riseup.net kontaktieren.