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Achtung, wir werden überwacht!

erschienen in Klar, Ausgabe 36,

Vor zwei Jahren enthüllte Edward Snowden den größten Geheimdienstskandal der Geschichte. Seitdem behindert die Bundesregierung die Aufklärung – wohl auch, weil der deutsche Geheimdienst in den Skandal verstrickt ist.

Er schockte die Weltöffentlichkeit: Edward Snowden. Als seine Enthüllungen im Juni 2013 bekannt wurden, trauten viele zunächst ihren Ohren nicht. Zu unglaublich klang, was der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter zu sagen hatte: Erstens, die Geheimdienste der USA hören weltweit Telefonate ab, lesen E-Mails mit und überwachen das Internet. Zweitens, im Visier sind nicht nur Terroristen, sondern die Massenüberwachung zielt auf die Menschheit insgesamt. Drittens, die USA arbeiten dabei eng zusammen mit den Diensten Großbritanniens, Kanadas, Neuseelands und Australiens.

Dem Schock folgte die Empörung, besonders in Deutschland. Plötzlich war der Blick auf das Internet ein anderer: Der einstige Freiraum war nun der Schlüssel zur Massenüberwachung geworden. Zehntausende Menschen gingen auf die Straße und forderten das Ende der Überwachung und die Aufklärung des Skandals. Auch weil immer wieder der Verdacht auftauchte, der deutsche Geheimdienst BND sei darin verwickelt. So sagte Snowden über BND und den US-amerikanischen Geheimdienst NSA: »Die stecken unter einer Decke.«

Doch Aufklärung betrieb im Bundestag damals nur die Opposition aus SPD, Grünen und DIE LINKE. Die Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP wiegelte ab, erklärte gar wenige Monate nach Snowdens Enthüllungen den Skandal für erledigt. Dumm nur, dass kurz darauf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) höchstpersönlich als Opfer der Überwachung galt. Der Verdacht lautete, US-Geheimdienste hätten jahrelang das Handy der deutschen Regierungschefin abgehört. Erst danach forderte Merkel Aufklärung über die Abhörpraktiken der USA in Deutschland.

Doch daran, das wird zwei Jahre nach Snowdens Enthüllungen deutlich, hatte die Regierung unter Angela Merkel offenbar nie ein ernsthaftes Interesse. Wohl auch, weil immer mehr Indizien dafür sprechen, dass der BND Teil des weltumspannenden Spionagenetzwerkes ist. Beides lässt sich am NSA-Untersuchungsausschuss zeigen.

Die Regierung blockiert die Arbeit des Ausschusses, der den Skandal aufklären soll, wo sie nur kann: Sie verweigert Informationen, stellt oftmals nur geschwärzte und damit unbrauchbare Dokumente zur Verfügung, greift immer wieder bei Zeugenaussagen ein.

Trotzdem gelang es dem Ausschuss, Unglaubliches aufzudecken: So hat der BND in gigantischem Umfang über Satelliten und Kabel fließende Kommunikation ausspioniert und sensible Daten an die US-Geheimdienste NSA und CIA weitergeleitet – auch von deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Zudem hat der BND im Gegenzug für Technik und Geheimdienstwissen seinen exklusiven Zugang zu einem der wichtigsten Internetknotenpunkte Europas in Frankfurt am Main an die britischen und US-amerikanischen Geheimdienste verhökert. Und: Der BND soll gezielt europäische Unternehmen und Politiker für die NSA ausspioniert haben.

Die Regierung steht immer mehr unter Druck: Entweder wusste sie von den Taten des BND, dann hat sie daran mitgewirkt, dass die Grundrechte von Millionen Bürgerinnen und Bürgern verletzt werden. Oder sie wusste nichts davon, dann hat sie versagt. Sicher ist nur eins: Aufklärung will diese Bundesregierung aus Union und SPD nicht.