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Umfassendes neues Denunzierungssystem ist Eingriff in die Aussagefreiheit

Pressemitteilung von Ulla Jelpke,

Zum Entwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries für eine neue Kronzeugenregelung erklärt die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke:

Das grundlegende Problem jeder Kronzeugenregelung kann auch der vorliegende neue Gesetzesentwurf nicht lösen: Wer Denunziation belohnt, wird Denunzianten erhalten, aber nicht mehr Rechtssicherheit. Der Entwurf von Frau Zypries verschärft das Problem eher noch, weil sich ein Tatverdächtiger unter Umständen nicht nur einen Strafnachlass erkaufen kann, sondern eine komplette Strafbefreiung.

Eine solche Aussicht wirkt sich in der Praxis als Eingriff in die Aussagefreiheit aus. Es ist nur nahe liegend, dass Untersuchungshäftlinge, die sich ohnehin unter starkem psychischem Druck befinden, dann umso eher Aussagen über Dritte machen, zu denen sie sonst nicht bereit wären. Andere zu beschuldigen, um die eigene Haut zu retten, ist in jedem Fall eine große Versuchung.

Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass der reale Wert solcher gekaufter Aussagen gering ist. Die Informationen von Kronzeugen sind nur sehr bedingt ermittlungsrelevant und oft nicht gerichtsverwertbar.

Das Berliner Verfahren gegen angebliche Mitglieder der Revolutionären Zellen hat zudem gezeigt, dass die Kronzeugenregelung auch als politische Waffe eingesetzt wird. Aufgrund der offenkundig unzutreffenden Aussagen eines Kronzeugen wurde gegen mehrere Linke ein jahrelanger Terrorprozess geführt, der immer mehr zur Farce geriet. Es ist zu befürchten, dass auch in weiteren politischen Strafverfahren die Kronzeugenregelung benutzt wird, um politisch unliebsame Organisationen und ihre Unterstützer als "terroristisch" oder"kriminell" zu verfolgen.

Kronzeugenregelungen sind rechtlich unseriös und ein Schandfleck für jeden Rechtsstaat.