Zum Hauptinhalt springen

Tunesien braucht vor allem eine andere EU-Handels- und Nachbarschaftspolitik

Pressemitteilung von Heike Hänsel,

„Entwicklungsminister Müller hat recht, wenn er die Vorschläge von Innenminister de Maizière und Justizminister Maas, Entwicklungsgelder für Tunesien zu kürzen, kritisiert“ sagt Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende und entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Hänsel weiter:

„Entscheidender ist aber die Frage, wie die Maghreb-Staaten, zum Beispiel Tunesien, sich wirtschaftlich entwickeln und Armut bekämpfen können. Nicht ohne Grund war der ‚Arabische Frühling‘ in erster Linie eine soziale Revolte. Seitdem hat sich die wirtschaftliche Lage noch verschlechtert, in ländlichen Regionen liegt die Jugendarbeitslosigkeit über 50 Prozent.

Hier spielt die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union eine wichtigere Rolle als die Entwicklungspolitik, da sie mit ihrem Assoziierungsabkommen einseitig auf die Interessen der EU ausgerichtet ist: Marktzugang und Direktinvestitionen für EU-basierte Konzerne, freier Zugang der EU-Waren auf den Binnenmarkt der einzelnen Länder, limitierter Zugang der Landwirtschaftsprodukte zum EU-Markt, Industrialisierung der Landwirtschaft durch europäisches Agrobusiness, schädliche Exportorientierung und Abbau der Selbstversorgung und völlige Abhängigkeit von Importen zu Weltmarktpreisen zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung.

Statt weiterhin auf diese Form des Freihandels zu setzen und eine neoliberale Agenda in Tunesien zu verfolgen, braucht es eine völlig neue EU-Handelspolitik, die eine eigene Wertschöpfung und Entwicklung in Tunesien ermöglicht. Nur so erhält der Begriff ‚Fluchtursachen bekämpfen‘ eine inhaltliche Qualität, und dann kann Tunesien seiner eigenen Jugend eine Perspektive ermöglichen.“