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Terror kann man nicht mit Krieg bekämpfen

Interview der Woche von Monika Knoche,

Monika Knoche, Leiterin des Arbeitskreises Internationale Politik der Fraktion DIE LINKE., beschreibt, warum das sog. zivilmilitärische Engagement der Bundeswehr in Afghanistan nicht dazu führt, dass demokratische Kräfte in Afghanistan eine Chance haben.

Diese Woche soll nach dem Willen der Bundesregierung im Bundestag das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr verlängert werden. Wie sieht es aktuell mit dem Wiederaufbau aus?

Von Wiederaufbau kann nicht gesprochen werden. Schon gar nicht, solange Kriegshandlungen andauern. In letzter Zeit wird immer deutlicher, dass zivile Infrastruktur wie zum Beispiel Schulen ohne Leben bleiben, weil die Sicherheitslage so brisant ist oder LehrerInnen fehlen. Oftmals sind auch Interessen von regionalen Warlords ausschlaggebend für die Investitionen. Solange Hunger herrscht und die Müttersterblichkeit Höchstzahlen verzeichnet, werden die (Hilfs-)Gelder sichtbar falsch geleitet.

Die Bundesregierung setzt neben der Bundeswehr auch Gelder für zivile und humanitäre Hilfe ein. In welchem Verhältnis steht beides zueinander?

Das Zusammenziehen der Begriffe zivilmilitärisches Engagement der Bundeswehr ist eine Irreführung. Darüber hinaus fließt das Geld seitens der Karsai-Regierung in dunkle Kanäle oder gleich an die Geberländer zurück. Während für Militär bis 2007 schon etwa 3,5 Milliarden ausgegeben wurden, soll das zivile Engagement bis 2010 gerade mal auf über eine Milliarde kommen.

Wie hat sich die Situation der afghanischen Frauen entwickelt?

Abgesehen von dem zynischen Missbrauch der Lage der Frauen als Kriegsführungsgrund hat sich der Lebensalltag der afghanischen Frau nicht verbessert. Hunger, der Verkauf von Mädchen, Selbstmorde von Witwen, die Amnestie für Gewalttäter, das Widererstarken der Fundamentalisten (Taliban) als Antwort auf den Krieg werfen Frauen in ihren Rechten zurück. Die Parlamentarierin Malalai Joya wurde aus dem Parlament geworfen und ist mit Morddrohung konfrontiert weil sie die Wahrheit über Korruption und Fundamentalisten in der Regierung sagt. Nein, die Frauen leiden stark.

Muss nicht befürchtet werden, dass nach einem Abzug der ISAF-Truppen die Taliban die Macht übernehmen und eine Situation entsteht, unter der die Bevölkerung genauso oder schlimmer zu leiden hätte?

Obwohl mit einem reinen Militärabzug die Taliban nicht geschwächt sind, fänden sie doch keine neue Nahrung für ihre rückständigen Ideologien. Rawa, eine Frauenrechtsorganisation, sagt: \\"Lasst uns selber mit den Taliban fertig werden.\\" Daher ist der Aufbau von Polizei, Rechtssicherheit, die Abhaltung von Friedensjirgas und eine regionale Friedenskonferenz mit den Anrainerstaaten die richtige Exitstrategie. Auch die Vielzahl und die wachsende Zahl der zivilen Opfer zeugt davon, dass man mit Krieg Terror nicht bekämpfen kann.

Die Zivilbevölkerung in Afghanistan hat viele Todesopfer zu beklagen. Was ist nötig, um die Situation tatsächlich zu verbessern?

Je länger der \\"Krieg gegen Terror\\" dauert und je intensiver er mit Quick Reaction Forces KSK, OEF und Beteiligung der ISAF geführt wird, desto mehr wird die Zivilbevölkerung im umfassenden Sinn leiden, desto weniger haben demokratische Kräfte in Afghanistan eine Chance, die Geschicke des Landes zum Guten zu wenden.

Die NATO hat zuletzt in Georgien sehr deutlich ihr Interesse demonstriert, weiterhin eine dominante Rolle in der Region zu spielen. Es ist offensichtlich, dass es hier um den Zugriff auf wichtige Ressourcen geht. Was bedeutet dies für Afghanistan?

Ich vergesse nicht, dass unter Präsident Bill Clinton die Taliban erst groß gemacht wurden. Sie sollten den USA, die für den Westen günstigen Durchleitungsrechte sichern. Auch Saakaschwilli agierte im Schutze der USA als er den Angriff auf Südossetien begann. Selbstverständlich geht es um den Zugang zu und Zugriff auf die fossilen Rohstoffe der Region. Die Nato will Weltordnungsmacht sein. Daher lautet das Credo der Kriegsbefürworter: \\"die Nato darf nicht scheitern\\". Zu wichtig ist ihr der langfristige Einfluss in dieser geopolitischen Lage. Ich habe nicht den Eindruck, dass es der Nato um Frieden für Afghanistan geht.