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Stoibers Stimmenfang mit Anti-Türkei- und Anti-Türken-Politik

Pressemitteilung von Hakkı Keskin,

Zu den Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber am Rande der Tagung der Landesregierung in Brüssel erklärt Hakki Keskin, EU-Erweiterungsbeauftragter der Fraktion DIE LINKE. und Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der EU:

Während der Sitzung der bayerischen Regierung in Brüssel forderte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), nach der Aufnahme von Rumänien und Bulgarien müsse Schluss sein mit dem Beitrittsautomatismus der EU. Die Grenze der Aufnahmefähigkeit der EU sei dann erreicht, eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU sei ausgeschlossen. Seine Äußerung begründet er u.a. damit, dass die Identität der EU gewahrt bleiben müsse. Dem Staatenbund könnten nur Staaten beitreten, die durch gemeinsame Wertvorstellungen auf dem Boden von Christentum und Humanismus miteinander verbunden seien.

Mit diesen Äußerungen macht Edmund Stoiber zum wiederholten Male Stimmung gegen die Türkei und auch gezielt gegen die in Deutschland lebenden Türken. Nicht ohne Grund behauptet er, die Identität der EU sei klar christlich geprägt. Stoiber erklärt damit sowohl die Türkei, deren Bevölkerung mehrheitlich islamisch geprägt ist, als auch die in Europa lebenden Türken, für religiös und kulturell nicht in die EU integrierfähig.

Es dürfte wohl kein Zufall sein, dass Stoiber gerade zu diesem Zeitpunkt, kurz vor den Wahlen am nächsten Wochenende die EU-Mitgliedschaft der Türkei mit solch massiven Äußerungen zum Thema macht. Nicht zum ersten Mal benutzt Stoiber die Türken und die Türkei, um auf Stimmenfang zu gehen.

Die Beitrittsverhandlungen, die die EU mit der Türkei am 03. Oktober 2005 aufgenommen hat, laufen bereits unter mehreren Sonderbedingungen zu Lasten der Türkei. Sie werden ergebnisoffen geführt, die EU kann im Laufe des Verhandlungsprozesses, wenn bestimmte Kriterien nicht erfüllt werden, die Verhandlungen jederzeit abbrechen und sie behält sich vor, mit der Begründung, sie sei nicht aufnahmefähig, am Ende des Verhandlungsprozesses der Türkei eine Mitgliedschaft zu verweigern. Hinzu kommt, dass diese Konditionen bisher für kein Beitrittsland aufgestellt worden sind. Was also bezweckt Edmund Stoiber mit seinen polemischen Forderungen wirklich? Ich denke es wird deutlich, dass diese Form der Stimmungsmache sowohl der Integration in Deutschland schadet, wie auch dem humanistischen und modernen Ideal Europas.

Die 25 Staats- und Regierungschefs der EU, darunter auch die der Bundesrepublik Deutschland haben am 03.Oktober 2005 nach langen Überlegungen einstimmig entschieden, dass Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufgenommen werden sollen. Vor dem Hintergrund dieser vertraglichen Vereinbarung ist die Äußerung Stoibers, ein Beitritt der Türkei käme nicht in Frage, mehr als absurd!

Ich fordere die SPD auf, ihren Koalitionspartner an die vertraglichen Vereinbarungen der EU zu erinnern und ein dementsprechendes Verhalten in der EU-Türkeifrage zu verlangen.